Mögen die Toten in Frieden ruhen? Nicht in Mexiko. Der Friede wird den Verstorbenen dort natürlich durchaus gegönnt, doch wird ihre Ruhe in jedem Jahr Ende Oktober unterbrochen. Ein mexikanischer Glaube besagt, dass die Verstorbenen wiederkehren – einmal im Jahr, am 31. Oktober, dem Tag der Toten (Día de Muertos). Eine unheimliche Vorstellung für alle, denen die mexikanische Lebensart fremd ist.
So ungewohnt oder gar gruselig das allerdings klingen mag, so wenig hat der Tag der Toten mit einem Horrorszenario zu tun. Der Día de Muertos erinnert so gar nicht an das tränenschwere und düstere Gedenken an die Verstorbenen, welches in Deutschland zelebriert wird. Im Gegenteil: Der Tag der Toten ist eines der größten Volksfeste, die in Mexiko gefeiert werden.
Wissenschaftler führen seine Ursprünge auf atztekische Feierlichkeiten für die Göttin Mictecacihuatl zurück, die mit ihrem Göttergatten Mictlantecuhtli im Götterglauben der Azteken über die Unterwelt herrschte und speziell über die Knochen der Verstorbenen wachte. Santa Muerte (Heiliger Tod), eine mexikanische Heilige, scheint ebenfalls eine christianisierte Form der antiken Todesgöttin zu sein.
Día de Muertos und Halloween: Brauchtum zwischen Glaube und Kommerz
Halloween und der Día de Muertos: Die Vorzeichen der beiden den Oktober beherrschenden Feste sind ähnlich. Es dominieren gruselige Dekorationen aus Gerippen, überall leuchtet die Farbe Orange und es wird gebastelt, gewerkelt und gebacken.
Was unterscheidet also den mexikanischen Día de Muertos vom gewöhnlichen Halloween-Zauber? Ganz einfach: Anders als das Bestreben, Unmengen skurriler Süßigkeiten zu ergattern, die gruseligste Party zu feiern oder das schaurigste Kostüm zu tragen, wird in Mexiko tatsächlich der Toten gedacht. Ihnen zu Ehren wird ein großes Volksfest veranstaltet, wohingegen der Halloween-Spuk leider immer mehr von der Kommerzialisierung entzaubert wird.
Día de Muertos – ein bizarres Volksfest in Mexiko
Spätestens zur Monatsmitte beginnen die Mexikaner im Oktober mit den ersten Vorbereitungen, denn der Tag der Toten möchte gut organisiert werden. Die Bäcker stellen mit Zuckerguss dekorierte Totenköpfe zum Vernaschen her und in den Geschäften überwiegen gruselige Dekorationen.
Die Straßen werden mit leuchtenden Blumen geschmückt und die Haustüren mit einer Laterne versehen – als Wegweiser für die Verstorbenen. Die Wohnungen ziert dieser Tage ein Altar, der mit Blumen und Erinnerungsgegenständen geschmückt wird. Und damit die Verstorbenen sich nach der anstrengenden Reise stärken können, werden auch ein paar Speisen auf den Altar gelegt.
Am 2. November findet der Spuk ein Ende – auf dem Friedhof. Hierhin werden die Toten geleitet und – nach dem gemeinsamen Verzehr der Altarspeisen – bis zum nächsten Día de Muertos verabschiedet.
Ein bizarrer Brauch? Möglicherweise – gemessen an den hiesigen Verhältnissen. Die UNESCO allerdings nahm das bemerkenswerte Fest in die Liste der „Meisterwerke des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit“ auf und verpasste ihm somit das Prädikat, ein „immaterielles Kulturgut“ zu sein. In dieser Liste finden übrigens weder Halloween noch irgendein Brauch aus Deutschland Erwähnung…
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