Ein schreiender Mensch, die Hände entsetzt an den Kopf gedrückt – man muss kein Kunstkenner sein, um den Namen des ausdrucksstarken Gemäldes von Edvard Munch zu kennen. „Der Schrei“ ist eines der berühmtesten Kunstwerke weltweit und seit kurzem kann es sich auch mit dem Titel „teuerstes Bild der Welt“ schmücken.
Der expressionistische Maler hat dieses beeindruckende Motiv in vier verschiedenen Gemälden und zahlreichen Lithografien in Variationen dargestellt. In ihnen spiegeln sich Verzweiflung und Ängste wider, die Edvard Munch fast zeitlebens begleiteten.
Aufgewachsen in Ängsten und Zweifeln
Munchs Kindheit war geprägt von Krankheits- und Verlusterfahrungen. Nach seiner Geburt am 12. Dezember 1863 im norwegischen Loten wuchs er mit fünf Geschwistern in Oslo auf.
Fünf Jahre lang blieb ihm die Mutter erhalten, bis sie der Schwindsucht erlag wie auch seine ältere Schwester Sophie. Edvard hatte eine schwache Konstitution und litt früh an manisch-depressiven Störungen; auch sein Vater und die jüngere Schwester Laura wurden wegen psychischer Erkrankungen behandelt.
Eine tragische Liebesgeschichte traf ihn zutiefst; der Alkohol wurde neben seinen Nervenstörungen zu einem großen Problem. In seinen Bildern verarbeitete er seine Ängste, seine Depressionen und seine Zerrissenheit.
Auch die Strömungen des aufkeimenden technischen Zeitalters prägten seine Werke: Munch empfand bahnbrechenden Ideen und Erfindungen wie Einsteins Relativitätstheorie, Freuds Psychoanalyse, die Erfindung von Telegrafie und Flugmotor mehr als Belastung denn als Fortschritt.
Individualisierung und resultierende Vereinsamung des Menschen waren für ihn Schreckgespenster und unterstützten seine pessimistische Grundhaltung.
Munchs künstlerischer Weg
Munch studierte Malerei und Zeichnen in Norwegen und Frankreich und lehnte sich an die Technik des späten Impressionismus an. Bis 1894 waren Kohle, Tusche, Tinte und Bleistift seine Hauptwerkzeuge, dann wandte er sich auch Grafiken auf Kupferplatten und Lithografien zu. Tod und Krankheit sind wiederkehrende Motive, ebenso die Mann-Frau-Beziehung. Seine Werke waren Wegbereiter des Expressionismus. Von Ende 1892 bis 1996 arbeitete Munch in Berlin und stellte erfolgreich aus.
Dann pendelte er zwischen Frankreich, Berlin, Weimar, Warnemünde und kehrte 1909 nach Norwegen zurück. Dort lebte er in Isolation und ließ Natur, Landschaften und Tiere in seinen Werken lebendig werden. Erde, Luft und Sonne werden zu neuen inspirierenden Elementen.
Das Vermächtnis: Ein Schrei der Verzweiflung
Als Edvard Munch 1944 starb, ging seine Sammlung in Nationalbesitz über. Auch drei Gemälde der Serie „Der Schrei“ sind in Oslo ausgestellt. Eine Fassung, in blau-orange in Kreide gemalt, befindet sich im Privatbesitz und wurde im Mai 2012 von einem unbekannten Bieter für rund 119,9 Millionen Dollar bei einer Auktion von Sotheby’s ersteigert. Der Schrei thematisiert die Zerrissenheit und Existenzangst des Menschen im modernen Zeitalter.
Bilder des Malers aus der Sammlung des Munch-Museum Oslo, dem der Maler seinen Nachlass vererbte, sind bis 31. Dezember 2012 als Google-Art-Project im Internet zu sehen.
Foto: Der Schrei – © Christoper Macsurak
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