Ein Vertreter davon ist der schillernde Künstler Nobuyoshi Araki, der als japanisches „enfant terrible“ mit seinen bahnbrechenden Werken für den einen oder anderen Tabubruch und damit auch für Aufsehen in der Kunstszene sorgte.
Araki wurde 1940 als Sohn eines Schuhverkäufers in Tokyo geboren und studierte von 1959 bis 1963 Fotografie an der Universität Chiba in Japan. Anschließend arbeitete er für eine Werbeagentur und schoss überwiegend Reportage- und Pressefotos. Die Fotos seiner Hochzeitsreise verarbeitete er in seinem Bildband „Sentimental Journey“, das als wesentliches Werk den Beginn seiner künstlerischen Karriere markieren sollte. Um 1970 konzentrierte sich Nobuyoshi Araki endgültig auf seine künstlerischen Arbeiten und versuchte die Abgründe der Seele mit seinen Bildern einzufangen, was ihn letztlich zur Erotik führte.
Araki gestaltete seine erotischen Arbeiten bewusst obszön und seine Bilder wurden in der 1981 gegründeten Zeitschrift „Photo Age“ in einer Mischung aus Erotik, Kunst und Kultur ebenso bewusst und konsequent veröffentlicht. Für japanische Verhältnisse waren Arakis Werke aber zu obszön, was eine radikale Zensur seiner Kunst mit sich brachte. Aus Protest spielte Araki in seinen Werken oft mit schwarzen Balken und griff der staatlichen Zensur auf künstlerische Weise damit vor. Besondere Beachtung verdient das meisterliche Werk „Tokyo Lucky Hole“, das durch das Abtauchen in das populäre Vergnügungsviertel Kabukicho in Shinjuku von 1983 bis 1985 entstand.
Nobuyoshi Araki verschmolz immer mehr mit seinem Fotoapparat und erfand im Zuge seiner Arbeit das sogenannte Foto-Ich, den Wechsel zwischen Wahrheit, Fiktion und Wunsch. Dies äußerte sich in sehr privaten und intimen Aufnahmen, bei denen die Fotos zur Reflexion des eigenen Selbst wurden. 1990 gipfelte diese Auffassung in ein Werk Arakis, das die Kunstwelt spaltete. In einer Foto-Serie hielt er die letzten Monate seiner todkranken Frau Yoko fest und veröffentlichte den künstlerisch eingefangenen Sterbeprozess in seinem Werk „Winter Journey“. Yoko war schon früh ein immer wieder kehrendes Motiv in Arakis Arbeiten und auf Kritik reagierte er mit dem Argument, dass er nur auf diese Weise den Verlust seiner Frau verkraften konnte. Von jenem Zeitpunkt an waren Arakis Fotografien stark von Vergänglichkeit und Tod geprägt.
„Ich wünschte, ich wäre ein Gott mit tausend Armen, jeder mit einer Kamera“, sagte Araki einmal in einem Interview. Doch auch ohne tausend Arme ist sein Gesamtwerk umfangreich und vielseitig ausgefallen. Zu seinen Fotografien zählen Kinder, Akt, Bondage, Tod und einfache Augenblicke des ganzen Seins in all seinen Facetten. Einen tieferen Einblick in das Leben und Schaffen Arakis gibt Travis Kloses Dokumentarfilm „Arakimentari“, der bei Rapid Eye Movies auf DVD erschien und ein beachtliches Portrait für alle Interessierten darstellt. Doch selbst für weniger Kunstbegeisterte ist Nobuyoshi Araki immer einen genaueren Blick wert, so glänzt er doch wahrhaftig durch seine herausragende Arbeit, die sich für sein Image und seine Publicity verantwortlich zeichnet und nicht umgekehrt, wie es unter Künstlern der westlichen Welt immer üblicher zu werden scheint.
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