Die Film-Gurken von heute sind vielleicht morgen schon Klassiker, aber sind die Klassiker von heute auch tatsächlich die Gurken von gestern? Wohl kaum, denn auch wenn sich im Falle der teils trashigen Werke aus der britischen Hammer-Produktionsfirma die Meinung vieler Filmfans wohl teilen dürfte und die einen die angestaubte Gruselkost als Schinken betiteln und abwinken, schwelgen die anderen geradezu in löblichen Erinnerungen. Was sich jedenfalls nicht leugnen lässt, ist, dass die Hammer Filme dem zeitgenössischen Publikum schaurig-schöne Unterhaltungsstunden beschert haben und auch bis heute noch ihren Einfluss auf andere Filme ausübten. Ganz zu schweigen von den Größen der Unterhaltungsbranche Bela Lugosi, Peter Cushing oder Christopher Lee, der noch heute für funkelnde Augen bei den älteren Generationen in Filmen wie Herr der Ringe zu sorgen weiß.
Die Legende nimmt ihren Lauf
Obwohl man vielerorts den Begriff Hammer-Studios lesen kann, ist dieser streng genommen nicht ganz korrekt, da sich Hammer ausschließlich auf den Namen der Produktionsfirma bezieht. Gedreht wurden die Klassiker in Fremdstudios, wie den britischen Elstree- und Pinewoodstudios, nur selten in den kleinen, eigenen Räumlichkeiten, die sich dann aber auch Brey Studios nannten.
Gegründet wurden die Hammer Film Studios bereits im Jahre 1934, doch gab es bedingt durch den Zweiten Weltkrieg eine Produktionspause und im Anschluss eine Neufirmierung, die im Jahre 1949 den Film „Dr. Morelle: The Case Of The Missing Heiress“ hervorbrachte. Schon 1954 konnten die Filmstudios dann mit „The Men Of Sherwood Forest“ auftrumpfen, einer Verfilmung des Robin Hood-Stoffes, die in prächtiger Farbe erstrahlte. Nur ein Jahr später schlug Hammer begründet durch den Erfolg des Films „The Quatermass Xperiment“ den Weg in die Gefilde des Horrorfilms an und sollte sich schon bald einen unsterblichen Namen bei den Gruselfreunden aus aller Welt machen. Denn die Hammer Film Studios ruhten sich keineswegs auf althergebrachten Konventionen des Horrorfilms aus, sondern verbanden die typisch englische Gothic-Horror Atmosphäre mit den blutigen Darstellungen aus dem französischen Grand Guignol Theater. Als Grand Guignol bezeichnete man Grusel- und Horrorstücke, die nicht mit Brutalität geizten und ihrem Namen – in deutscher Übersetzung in etwa „großes Kasperle“ alle Ehre machte und übrigens nicht zuletzt auch den modernen US-amerikanischen Splatterfilm in seinen Ursprüngen beeinflusste. Inspiriert davon vermengten die Briten dann die expliziten Darstellungen des Grand Guignol mit einer unverwechselbaren Gruselatmosphäre und fertig war der Mix für einen unterhaltenden Horrorfilm im Abendprogramm.
Filme, wie vom Fließband
So einfach das Konzept der Engländer klingen mag, so erfolgreich war es dann aber auch. Denn nachdem das „Quatermass Xperiment“ bei den Zuschauern eingeschlagen hatte, wie die sprichwörtliche Bombe, stellte man bei Hammer fest, dass es seit rund fünfzehn Jahren keine Verfilmung klassischer Horrorgeschichten mehr gab. Folgerichtig nahm man sich in der Produktionsfirma dann Mary Shelleys Stoff von Frankenstein und seinem Monster an, um einen farbgewaltigen Film daraus zu machen, der gewiss nicht der einzige seiner Art bleiben sollte. Es folgten unzählige Verfilmungen und Fortsetzungen der klassischen Gothic-Horror Figuren wie eben Frankenstein oder auch Dracula, sowie weitere Stoffe des Phantastischen, Unheimlichen und Grusligen. Dabei konnte man auf die mittlerweile festen Größen Christopher Lee und Peter Cushing zählen. Denn selbst wenn diese hin und wieder etwas lustlos und gelangweilt durch einen ihrer unzähligen Hammer Filme streiften, galten sie jahrelang als regelrechte Magneten für die Kinokassen und sicherten der Produktionsfirma die Besucher, die sich gebannt das Fürchten lehren ließen.
Schrecken ohne Ende?
Die Hammer-Filme erlebten von den 1950ern bis zu den 1970ern eine wahre Blüte des Erfolges und fanden eine riesige Fangemeinde, von der noch heute ein großer Teil erhalten sein dürfte und Klassiker wie „Der Hund von Baskerville“, „Rasputin“ oder auch „Die Rache des Pharao“, sowie sämtliche Teile aus der Dracula und Frankenstein-Reihe finden noch immer den Weg in die heimischen Player. Und das ist durchaus bezeichnend, weil die neueren Filme von Hammer keineswegs mehr an die Erfolge der alten Werke anknüpfen können. Die Zuschauer waren in den 1970er Jahren übersättigt vom Gothic-Horror und im Jahre 1979 katapultierte man sich nach dem allgemein abflachenden Erfolg mit dem gefloppten Alfred Hitchcock-Remake „Tödliche Botschaft“ ins endgültige finanzielle Aus und es folgten über die 1980er Jahre hinweg nur noch schleppende TV-Auswertungen, wie die „Hammer House of Horror“-Serie. Die 1990er Jahre waren für Hammer dann so düster, wie einst ihre Filme selbst: Mit einer mageren TV-Auswertung im Jahr 1994 konnte man aufwarten, weitere geplante Projekte platzten und Hammer schien dem Ende geweiht. Ab den 2000er Jahren versuchte man dann durch Verkauf und Co-Produktionen noch einmal frischen Wind in die Produktionsfirma zu bringen und den mit Hammer verbundenen Kult wiederzubeleben, doch wollte dies bislang noch nicht so richtig fruchten und vielleicht hätte man schon in den 1970er Jahren das Ende mit Schrecken einfach akzeptieren und sich würdig, mit gehobenem Haupt von der Kinoleinwand verabschieden sollen. Denn in den letzten 30 Jahren hatte man sich wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert und was die Zukunft noch bringen mag ist ungewiss. Das Remake des schwedischen Vampirfilms „So finster die Nacht“ aus dem Jahre 2010 konnte jedenfalls weder beim Publikum, noch bei der Presse sonderlich gut abschneiden. Einen Hoffnungsschimmer gibt es aber noch. So wurde erst kürzlich der Geisterfilm „The Woman In Black“ mit Ex-Harry Potter Daniel Radcliffe in der Hauptrolle fertiggestellt. Deutscher Kinostart des Films ist voraussichtlich der 29. März 2012. Man wird sehen.
Fotocredits: © Hammer Films
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