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Naturreligion:

Der Shintoismus – Zwischen Buddha und Natur

Torii Tore in Japan - Fushimi Inari Shinto-Schrein in KyotoManche Dinge sind in wenigen Worten leicht erklärt, andere benötigen ein tiefes, kulturelles Verständnis, wobei einem weder Wissen noch Lernen helfen können, sondern das alltägliche Leben zum Lehrer selbst wird. Besonders in Religionsfragen ist der ostasiatische Raum bekannt für philosophische Ansätze, die weniger dogmatisch sind als die westlichen Lehren des Glaubens und mehr von Erfahrung und Erleuchtung geprägt sind. Der Shintoismus befindet sich irgendwo dazwischen und wird entsprechend auch nicht isoliert betrachtet, sondern im Einklang mit dem Buddhismus gelebt, während sich bei einigen Japanern zusätzlich sogar christliche Gepflogenheiten manifestiert haben.

Der Weg der Götter

Der Shintoismus – auf Deutsch so viel wie „Der Weg der Götter“ – ist eine positive, gegenwartsorientierte Naturreligion, die sehr praxisbezogen ist und weder Gründer, noch so etwas wie eine heilige Schrift kennt. Vielmehr findet sich der Ursprung in uralten naturreligiösen Ritualen und Glaubensformen wieder, die letztlich zu einer Lehre zusammengefasst wurden und sich zur „Urreligion“ der Japaner formten. Im Shintoismus gibt es nicht den einen Gott, sondern viele Götter, die kami, die sich in allen erdenklichen Formen präsentieren. So können Menschen Götter sein, vielmehr aber auch Flüsse, Berge, Tiere oder Bäume.  Die wichtigste kami ist jedoch Amaterasu, die Göttin der Sonne und mythische Vorfahrin des japanischen Kaisers. Dementsprechend wurde dem Kaiser auch göttlicher Status zugesprochen und er wurde als irdisches Oberhaupt betrachtet, was zu einer Art Staats-Shintoismus führte, bei dem die Religion den Menschen als Pflicht auferlegt wurde. In der Zeit bis zum Zweiten Weltkrieg fand diese Vergötterung des Kaisers dann ihren Höhepunkt und der japanische Historiker Obayashi Taryo kritisierte diese Ansicht als Instrumentalisierung der Religion zu politischen Zwecken. Bis heute ist der Shintoismus in Japan zwar geblieben, doch hat der Kaiser weder die politische, noch die religiöse Macht inne, wie zur damaligen Zeit.

Eine Schrein-Religion

Da die kami weder gut noch böse sind und in einer theoretisch unendlichen Vielzahl existieren, war der Einzug fremder Religionen nicht wirklich ein Problem für die Shintoisten. Ganz im Gegenteil vermischten sich die Glaubensansichten sogar und werden, unterbrochen von einer Phase der strikten Trennung durch den Kaiser und den Staats-Shintoismus, bis heute im Einklang miteinander praktiziert. So ist es keine Seltenheit, dass buddhistische Elemente in den Shinto-Schreinen zu finden sind und umgekehrt auch shintoistische Elemente in buddhistischen Tempeln. Die Schreine des Shintoismus sind im Übrigen gut von den buddhistischen Tempeln zu unterscheiden. Der Schrein kann zum einen ein Bauwerk sein, das einen symbolischen Gegenstand eines verehrten Gottes, wie zum Beispiel Schmuck oder ein Schwert, enthält, zum anderen können auch ganze Anlagen oder das bloße Aufstellen eines Tores als Schrein bezeichnet werden. Charakteristisch für den shintoistischen Schrein im Speziellen sind die sogenannten torii, also freistehende Tore, die aus zwei Grundpfeilern und zwei Querbalken bestehen. Des Weiteren werden als Schmuck häufig Seile verschiedener Länge angebracht und weiße Papiere in zickzackform als symbolische Opfergaben dargebracht. Dadurch lassen sich Shinto Schreine schon auf den ersten Blick von anderen religiösen Einrichtungen unterscheiden. Zu gewissen rituellen Zwecken spielen die Schreine auch noch heute eine zentrale Rolle. So wird ein Baby etwa nach seiner Geburt zum Mitglied des Schutzschreins der Eltern gemacht und nach 100 Tagen von einem Priester mit einer Zeremonie zum Shintoismus willkommen geheißen.

Von der Reinheit und Unreinheit

Shintoismus - der Weg der Götter - Fushimi Inari Shinto-Schrein in Kyoto/JapanEin weiteres zentrales Element im Shintoismus ist die Reinigung. Denn während es nicht zwischen Gut und Böse zu unterscheiden gilt, so dann zumindest zwischen rein und unrein. Der erstrebenswerteste Zustand ist die Reinheit und diese kann durch Harmonie mit den kami, den Mitmenschen und der Umwelt erreicht werden. Spirituelle oder physische Verunreinigungen werden daher in speziellen Ritualen gesäubert, was sich im Falle des Ise-Schreins, dem Hauptschrein, welcher der Amaterasu, sowie der Erntegöttin Toyouke gewidmet ist, in einer extremen Form äußert. Alle 20 Jahre wird der Schrein bis auf das Fundament niedergerissen und detailgetreu wieder aufgebaut. Normalerweise sollte mit allen Shinto Schreinen in dieser Weise verfahren werden, doch wissen das die enormen Kosten zu verhindern, sodass im Übrigen symbolische Reinigungen ausreichen müssen.

Der Shintoismus heute

Noch heute wird der Shintoismus in Japan parallel zum Buddhismus gelebt. Da der Shintoismus allerdings eine positive Religion ist, wird dieser mit seinen Ritualen für freudige Ereignisse im Leben herangezogen. Dazu zählen beispielsweise die Geburt, die Feier des Neujahrs oder auch Gebete um alltägliche Dinge. Für die ernsteren Themen, wie Tod oder Leid, tritt dann der Buddhismus in den Vordergrund in der Hoffnung, dem erlösenden Nirwana einen Schritt näher zu kommen. Besonders bei Hochzeiten zeigen sich zunehmend aber auch christliche Rituale, die vor allem in pompöser, amerikanischer Tradition vollzogen werden.

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