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Familienforschung:

Wenn die Familienformen immer komplizierter werden

Häufige Scheidungen und zunehmende Trennungen sind nur ein Teilaspekt, warum die familiäre Konstellation in vielen Familien immer zerfahrener wird.

Buchtipp: Pluralisierung von Elternschaft und KindschaftHinzu kommen gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften oder auch künstliche Befruchtungen, wobei es rechtlich beziehungsweise biologisch und sozial gesehen schwieriger wird klare Zuordnungen zu treffen. Es entstehen neue Familienformen und allem voran auch neuartige Eltern-Kind-Beziehungen. Doch wie gehen die Kinder damit um, während der Erziehung mehrere Väter um sich zu haben? Wie sieht die rechtliche Situation aus, wenn eine künstliche Befruchtung stattgefunden hat und die Eltern sich trennen? Diesen und ähnlichen Fragen sind die Wissenschaftler Prof. em. Dr. Laszlo Vaskovics und Prof. em. Dr. Dieter Schwab auf den Grund gegangen.

Die Familienforschung will Klarheit schaffen

Unter dem Titel „Pluralisierung von Elternschaft und Kindschaft“ ist nun ein wissenschaftliches Werk erschienen, in dem vor allem die rechtlichen Konsequenzen neuer Familiensituationen erörtert und beleuchtet werden sollen. Herausgeber des Buches sind zwei renommierte Familienforscher. Zum einen ist Prof. em. Dr. Laszlo Vaskovics an der Veröffentlichung beteiligt. Als ehemaliger Leiter des Staatsinstituts für Familienforschung an der Universität Bamberg bringt Vascovics ein hohes Maß an Erfahrung und Übersicht in die Veröffentlichung mit ein. Der Regensburger Wissenschaftler Prof. em. Dr. Dieter Schwab hält den Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Deutsche Rechtsgeschichte an der Universität Regensburg inne und sorgt für rechtliche Klarheit. In Zusammenarbeit ist ein wichtiges Werk der Familienforschung entstanden, das wegweisender Faktor des Sozial- und Rechtswissenschaften werden könnte. Denn fernab theoretischer Betrachtungen widmen sich die Wissenschaftler der praktischen, täglich gelebten Situationen und bringen diese in einen wissenschaftlichen Kontext. So kommen in dem Buch namhafte Vertreter und Vertreterinnen aus der Familiensoziologie, der Familienpsychologie und des Familienrechts zu Wort und zeichnen ein Bild der aktuellen familiären Entwicklung mitsamt der damit verbundenen Probleme.

Kinder in der Identitätskrise?

Die familiären Zusammenstellungen werden zunehmend komplexer. Zum einen gibt es immer mehr Väter oder Mütter, welche in einer neuen Partnerschaft auch die Elternpflichten für nicht leibliche Kinder übernehmen. Gleichzeitig können dann noch Pflichten für leibliche Kinder hinzukommen, die ihrerseits wiederum beim anderen Elternteil in wieder einer anderen Familie leben. Schon für die Elternteile ist dies keine leichte Situation, doch sind die Kinder dadurch teilweise enorm belastet. Am Beispiel des Vaters, haben die Kinder plötzlich mehrere, die sich um sie kümmern, der eine als leiblicher Vater, der andere vielleicht als rechtlicher und nicht selten kommt mit dem fürsorglichen Großvater oder Onkel noch ein zusätzlicher „sozialer Vater“ hinzu. Je jünger die betroffenen Kinder dann sind, desto schwieriger wird die Situation. Fragen tauchen auch: „Woher stamme ich?“, „Wer ist mein richtiger Vater?“ oder „Wer ist meine Mutter?“. Soziale und psychologische Antworten auf diese Fragen zu finden, kann zur komplexen Aufgabe werden, doch wollen die Forscher hierin etwas mehr Klarheit schaffen.

Die biologische Elternschaft rückt zunehmend in den Hintergrund

Eine Eltern-Kind-Beziehung rein aufgrund der leiblichen Verwandtschaft zu bewerten rückt bei der Betrachtung zunehmend in den Hintergrund, denn zu wichtig sind mittlerweile auch die rechtlichen, psychologischen und sozialen Aspekte der Beziehung geworden. Die biologisch-genetische Abstammung ist dabei wissenschaftlich leicht zu beantworten, doch darf sie nicht einziger Bestandteil der Betrachtung sein, ebenso wenig, wie der soziale Aspekt für sich betrachtet. Denn auch die Vergangenheit zeigt, dass der Wille der Kinder in rein wissenschaftlichen beziehungsweise sozialen Sorgerechtsurteilen beispielsweise nur allzu häufig übergangen und teilweise auch massiv verletzt wird. Es ist kein Geheimnis, dass ein Kind in den ärmlichen Verhältnissen eines Elternteils wohlbehüteter und liebevoller aufwachsen kann als im Haushalt des finanzstärkeren Elternteils. Damit solche und ähnliche Problematiken künftig stärker berücksichtigt werden können, gehen die Autoren des Buches dem komplizierten Eltern-Kind-Gefüge auf dem Grund und versuchen Antworten auf die unterschiedlichsten rechtlichen und sozialwissenschaftlichen Fragen zu liefern. Dabei werden nicht nur bestehende juristische Regelungen kritisch unter die Lupe genommen, sondern auch neue Regelungen auf ihre Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit geprüft.

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Über Stephan Lenz

Stephan Lenz studierte Philosophie, Soziologie und Anglistik an der Universität Mannheim. Es folgten schriftstellerische Fortbildungen und die freiberufliche Arbeit als Autor und Journalist. Neben unzähligen Artikeln in diversen Magazinen, veröffentlichte er Prosa im Charon Verlag, Hamburg, sowie im Wortkuss-Verlag, München. Er gehört seit vielen Jahren zum festen Stamm der Redaktion des Artikelmagazins.