Grund hierfür war zuletzt die Aufbereitung des Werkes für Manager. So scheint sich der Ehrenkodex der Samurai auch für die Geschäftswelt zu eignen. Doch der Leitfaden für adlige Kämpfer fand auch im Militär rege Verwendung und wurde unter anderem auch der Waffen-SS im Dritten Reich zu lesen gegeben.
Entstehung des Hagakure
Die Entstehung des Hagakure ist nur schwer nachzuvollziehen, doch wird sie auf die Jahre zwischen 1710 und 1716 geschätzt. Das Problem an der exakten Bestimmung der Entstehung ist, dass keine Originalschrift des Werkes existiert, sondern lediglich Kopien, die sich im Einzelnen allerdings unterscheiden. Weniger als 36 Kopien des Werkes haben die letzten 300 Jahre unbeschadet überstanden. Eine als besonders verlässlich geltende Kopie wird in der Präfekturbibliothek von Saga in Japan aufbewahrt. Man geht davon aus, dass der Samurai Yamamoto Tsunetomo das Werk einem Schreiber diktierte. Tsunetomo war Zen-Mönch geworden und hielt den Weg des Samurai in Worten für seine Nachwelt fest. Die Kopien des Werkes zirkulierten zunächst nur unter den Samurai des Nabeshima-Clans in Hizen. Das gesamte Hagakure umfasst elf Bände, von denen die ersten beiden in Lektionen abgefasst sind. Das Werk besteht im Ganzen aus rund 1.300 überwiegend kürzeren Lektionen, Geschichten und Aufzeichnungen, die das alltägliche Leben als Samurai wiederspiegeln. Dabei wird auch auf das Verhältnis zwischen den Fürsten und ihren Gefolgsleuten eingegangen.
Die Philosophie des Hagakure
Tsunemoto hält im Hagakure seine philosophischen, politischen und militärischen Ansichten des „Weg des Kriegers“ fest. Im philosophischen Teil wendet sich Tsunemoto gegen den Humanismus und hält ihn für unvereinbar mit dem Weg des Kriegers. Auch in politischer Hinsicht lässt der Verfasser des Hagakure keinen Spielraum für Kompromisse. Samurai heißt wörtlich übersetzt „Diener“ und genau so habe sich ein Samurai auch zu verhalten: Absolut gehorsam und loyal gegenüber seinem Herren. Entsprechend bedeutete Samurai im Sinne des Hagakure zu sein, die eigene Person in den Hintergrund zu stellen und das gesamte Leben dem Fürsten zu widmen und zwar ohne Rücksicht auf Verluste. Sollte dadurch die pazifistische Haltung des Buddhismus angegriffen werden, dann war dem so. An den Pflichten des Samurai konnte also auch der Glauben nichts ändern.
Besonders auch in Hinblick auf die militärische Funktion der Samurais, verbindet das Hagakure in seinen Lektionen und Erzählungen zudem den philosophischen Funktionalismus mit dem Idealismus und letztlich auch Militarismus. Was jetzt fürchterlich kompliziert klingt, lässt sich im Prinzip auf drei zentrale Aspekte schrumpfen: Zum einen fordert das Hagakure die kompromisslose Treue des Samurai zu seinem Fürsten, dazu gehört zweitens die Bereitschaft bedingungslos in den Tod zu gehen und drittens der rituelle Selbstmord – Seppuku – sollte der Fürst seinerseits zu Tode kommen. Insgesamt ist das Hagakure eine Art Anleitung für das Krieger-Leben und Anstoß für eine moralische Kriegsführung. Kritiker sehen gerade in der Darstellung des moralischen Kriegs einen starken Angriffspunkt und betrachten das gesamte Werk als eine Anhäufung menschenverachtender, amoralischer Brutalitäten und Grausamkeiten. Sätze wie „Stell dir jeden Morgen aufs Neue vor, dass du bereits tot bist“ gibt es jedenfalls zu Hauf in dem Werk und all das versprüht nicht gerade Lebensfreude. Für manchen mag die Adaption des Hagakure für Manager daher auch bezeichnend sein und sollte deren Meinung zu Folge kaum noch Fragen zur Entwicklung der Gesellschaft offen lassen, wo die Ellbogen regieren und jeder Arbeiter sich möglichst unter voller Hingabe seinem Arbeitgeber opfert. Doch während es sich in diesem Bereich wohl überwiegend nur spekulieren ließe, gibt es einen Bereich, wo der Einsatz des Hagakure kaum missverstanden werden dürfte: beim Militär.
Das Hagakure im Militär
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Da es sich bei den Samurai in erster Linie um den Kriegeradel Japans handelte, waren die philosophischen Ausführungen des Hagakure natürlich auch für die Kriegsführung der Moderne von Interesse, so strotzt der Ehrenkodex geradezu vor Idealismus, Loyalität und Gehorsam – perfekte Eigenschaften für Soldaten jeden Zeitalters. So dürfte es auch nicht verwunderlich sein, dass das Hagakure regen Einsatz in verschiedenen Streitmächten der Welt erlebte, unter anderem bei den Japanern selbst und auch bei der Waffen-SS des Dritten Reichs. Der Reichs-SS-Führer Heinrich Himmler soll besonders bei der Ausbildung der SS- Soldaten immer wieder die Tradition der Samurai betont und versucht haben, deren Loyalität und Gehorsam in den eigenen Reihen zu stärken. Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet das Hagakure dann zunächst in großen Verruf, weil es nicht zuletzt auch einige Kamikaze-Flieger für den Flug in den Tod motiviert haben soll. Dennoch ist das Hagakure noch heute beliebt, wie eingangs erwähnt besonders bei Managern und leitenden Angestellten. Über den Nutzen des Hagakure in der Wirtschaft lässt sich dabei sicherlich streiten, doch wird im Grunde deutlich, dass viele Menschen den Berufsalltag wohl mittlerweile als Krieg begriffen haben, wenn vielleicht auch nicht vordergründig. Eine bedenkliche Entwicklung.
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