Was soll denn bloß aus einem Kind werden, das mit dem Femur-Fibula-Ulna-Syndrom geboren wurde? Einem hilflosen kleinen Jungen ohne Unterarme und mit einem verkürzten rechten Oberschenkel?
Auf diese Frage kann Pfarrer Rainer Schmidt, Dozent am Pädagogisch-Theologischen Institut in Bonn, mit dem für ihn typischen verschmitzten Lächeln mehrere imposante Antworten geben. Denn er selbst ist dieser kleine Junge, der inzwischen als Tischtennis-As und humorvoller Entertainer von sich Reden macht, wenn er nicht gerade in der Weltgeschichte herumjettet, um Seminare abzuhalten, oder um Veranstaltungen zu moderieren. Seine beeindruckende und berührende Lebensgeschichte hat er mit dem Titel „Lieber Arm ab als arm dran: Grenzen haben – erfüllt leben“ als Buch veröffentlicht; eine Pflichtlektüre für jeden, der Lebensmut schöpfen will, anstatt gedankenlos auf hohem Niveau zu jammern.
Humor ohne Hemdsärmel
Kann ein Mensch ohne Arme herzlich lachen? Darf er das überhaupt? Wenn man in das freundliche und von lustigen Lachfalten geadelte Gesicht von Rainer Schmidt sieht, muss man sich für diese dämliche Frage postwendend schämen. Denn dieser charmante und charismatische Mann fällt nicht durch die Dinge auf, die er von Geburt an nicht hat, sondern durch seinen Humor, seine Intelligenz und seinen unerschütterlichen Glauben an den Sinn jeden Lebens. Seine Präsenz füllt jede Bühne, seine Schlagfertigkeit fordert zahlreiche Lacher, und sein Erfindungsreichtum lässt auch Einsteins Enkel staunen. Wie es ein Mensch ohne Unterarme zuwege bringen kann, ein ebenso gefürchteter wie gnadenloser Gegner im rasanten Tischtennis zu werden, kann in seinem Buch nachgelesen werden. Und auch sonst müssen sich Sportmuffel warm anziehen, bevor sie Rainer Schmidts Buch aufschlagen. Denn dieser quirlige Pfarrer völlig ohne Missionarsallüren ist ein durchtrainierter Mann, dem man seine Liebe zu körperlicher Betätigung auf das Vorteilhafteste ansieht.
Geistiges Wachstum durch körperliche Mängel
Selbstverständlich wurde der kleine Rainer nicht mit seinem heutigen sprühenden Esprit geboren. Bis zu dem eloquenten Conferencier und sattelfesten Bühnenprofi, der er heute ist, war es, wie sich denken lässt, ein langer und steinreicher Weg. Die Passage seines Buches, in der er sein ganz persönliches Freibadtrauma enthüllt, rührt zu aufrichtigen Tränen respektvoller Empathie. Und gleichzeitig macht es jedem Leser Mut. Wenn dieser kleine Junge mit dieser besonderen Begrenzung sein Leben so in den Griff bekommt, dass er sich heute vor Engagements, Aufträgen und anderen Sympathiebekundungen kaum noch retten kann, dann bedeutet das doch wohl eine reelle Chance für jeden Menschen. Egal, wie tief er auch im Dreck stecken mag. Oder was er an Widrigkeiten und Ungerechtigkeiten zu beklagen hat.
Dieser Bücherwurm-Appell und Leseaufruf geht an alle, die sich derzeit verloren, verletzt, müde oder allein fühlen. Und natürlich auch an jene, die einfach nur so einen außergewöhnlichen Menschen kennen lernen möchten. Denn jeder, der „Lieber Arm ab als arm dran: Grenzen haben – erfüllt leben“ gelesen hat, sieht die Welt mit neuen und vor allem zuversichtlichen Augen. Und lässt sich anschließend von nichts mehr so leicht umhauen.
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