Startseite / Kultur / Bildung / Ein Studienführer für wissbegierige Senioren

Seniorenstudium:

Ein Studienführer für wissbegierige Senioren

Mehr als 50.000 „Methusalems“ finden sich in den Hörsälen deutscher Universitäten. Der Akademische Verein der Senioren gibt Hilfestellung.

Studenten und Senioren studieren gemeinsam.

Immer häufiger zieht es auch Senioren in die Hörsäle deutscher Universitäten. Bild: © picture alliance / ZB

Die häkelnde Oma in Reihe 5 des Hörsaals 11 der Philipps-Universität zu Marburg war vor langen Jahren Zentrum des gemütlichen Spotts junger Kommilitonen. Eine Gasthörerin war es, im Fach „Neue Deutsche Literatur“, und sie wollte auf ihre alten Tage erstens der täglichen Langeweile begegnen und zweitens  literarisch wieder „up to date“ sein – auf aktuellem Niveau also. Sie war eine Exotin an der Uni. Das hat sich gewaltig geändert. Etwa 50.000 Studenten im Alter über 50 Jahre sind derzeit an deutschen Universitäten eingeschrieben. Anders als die Jungen tun sie es ganz ohne Zwang. Sie wollen ihr Wissen vermehren, ohne Prüfungsstress und der Bängnis vor beruflichem Vorwärtskommen. Sie besuchen Vorlesungen über Hermann Hesse, zum römischen Alltagsleben oder zur Entstehung der katholischen Theologie in Nordafrika.

Noch ist der Studienbetrieb zu uneinheitlich

Es könnten weit mehr studentische Methusalems sein; aber viele finden den Zugang nicht. Denen will – und er tut es seit wenigen Jahren – der Akademische Verein der Senioren (AVDS) Hilfeleistung geben. Dieser Verein setzt sich für eine Stärkung des Seniorenstudiums an allen Universitäten in Deutschland ein. Unter drei Gesichtspunkten. Der AVDS will ein offenes, ein einheitliches, ein integratives Seniorenstudium bundesweit durchsetzen. Denn er ist  völlig zu Recht der Auffassung, dass für die Studienmodalitäten für Gasthörer und Seniorenstudenten an deutschen Universitäten einheitliche  Mindeststandards sinnvoll wären. Dabei sollte die Frage beantwortet werden, welche Bereiche für diese Altersgruppe geöffnet sind. Ausserdem sollte klar sein, wie die Zugangsvoraussetzungen, wie hoch die Gebühren sind. Klare Regelungen werden eingefordert.

Der Studienführer für Senioren

Aber dieser Verein hat schon einiges erreicht. Er hat einen Studienführer entwickelt, der über den derzeitigen Stand des Seniorenstudiums an deutschen Hochschulen informiert – einschließlich der dazu gehörenden Adressen und Ansprechpartner. Unter der  Anschrift AVDS, Postfach 110453, 97031 Würzburg kann er zum Unkostenbetrag von 11.90 Euro (Porto inbegriffen) bestellt werden. Ziel ist also insgesamt, eine einheitliche Organisationsform des Seniorenstudiums zu entwickeln. Da geht noch einiges auseinander.

In Frankfurt und Mainz gibt es ein Zertifikat

Während beispielsweise an der Technischen Universität Darmstadt Senioren für 50 Euro Semestergebühr als Gasthörer an Vorlesungen teilnehmen können, bietet die Johannes-Gutenberg-Universität Mainz  mit dem „Studieren 50 plus“ ein spezielles Studienprogramm mit Veranstaltungen, die an den Interessen und Bedürfnissen älterer Menschen ausgerichtet sind, zu bis zu 130 Euro Gebühr an. Federführend indessen ist die Frankfurter Goethe-Universität, wo schon seit 30 Jahren (!)  die „Universität des 3. Lebensalters“ existiert. Kosten pro Semester: 100 Euro. Hier gibt es zudem – wie auch in Mainz – ein mehrsemestriges interdisziplinäres Studium, das mit einem Zertifikat abgeschlossen werden kann. An der Ludwig-Maximilians-Universität zu München schließlich gibt es die Zulassung für Senioren nur dann, wenn das Abitur nachgewiesen werden kann.

Laut AVDS sind unter den studierenden Senioren derzeit vor allem Fächer wie Archäologie, Geschichte oder Philosophie gefragt.

© Pixel Trader Ltd. 2013 Alle Rechte vorbehalten

Über Klaus J. Schwehn

Nach 25 Jahren spannender Tätigkeit als Parlamentskorrespondent in Bonn (Badische Zeitung, Die Welt, Berliner Tagesspiegel) lebe ich heute in Oberitalien. Meine Arbeitsschwerpunkte sind Politik und Gesellschaft in Italien und Deutschland; aber auch Fragen der Europäischen Union.