Kennen Sie Ihre Blutgruppe, die Ihres Partners oder Ihres Kindes? Das sollten Sie jedenfalls, denn in Notsituationen könnte diese Information über Leben und Tod entscheiden. Zwar kann die Blutgruppe anhand von Schnelltests bestimmt werden, doch bei einem Unfall könnte jede Sekunde zählen und wenn Sie den Helfern mit Bestimmtheit die Blutgruppe des Verunfallten mitteilen, kann der Notarzt sofort die erforderlichen Schritte einleiten.
Aber warum ist die Blutgruppe eigentlich so wichtig?
Auf der Oberfläche der roten Blutkörperchen befinden sich Proteine, die von Blutgruppe zu Blutgruppe unterschiedlich zusammengesetzt sind. Diese Proteinverbindungen wirken als sogenannte Antigene, die eine wesentliche Rolle in Zusammenhang mit dem Immunsystem spielen. Treten zum Beispiel Bakterien oder Viren in den Organismus, die über körperfremde Antigene verfügen, werden entsprechende Antikörper gebildet, welche die „Eindringlinge“ zerstören sollen. Körpereigene Antigene bleiben vom Immunsystem hingegen unbeachtet, sofern keine Auto-Immunerkrankung vorliegt. Das Blut innerhalb einer Gruppe verfügt entsprechend über identische Antigene, sodass eine Transfusion keine Probleme verursacht. Wird dem Körper jedoch Blut mit unbekannten Antigenen einer unpassenden Blutgruppe zugeführt, so springt das Immunsystem an und zerstört bestenfalls einfach die fremden Blutzellen. Im schlimmsten Fall hingegen, können nicht zusammenpassende Blutgruppen im Körper verklumpen und zum Tod führen. Aktuell gibt es über 100 bekannte Blutgruppen, von denen 29 von der Internationalen Gesellschaft für Bluttransfusionen anerkannt sind. Die zwei wichtigsten davon sind die „AB0“-Gruppen und das Rhesus-System, da diese besonders stark verklumpen und daher unbedingt berücksichtigt werden müssen.
Das AB0-System
Das wichtigste Blutgruppen-System wurde 1901 von dem Wiener Arzt Karl Landsteiner entdeckt, 1930 mit dem Nobelpreis belohnt und findet weltweite Anwendung in der Medizin. Beim AB0-System werden die Antigene des Blutes in vier Gruppen aufgeteilt. Bei der Blutgruppe A sind ausschließlich Antigene der Gruppe A und Antikörper gegen Gruppe B vorhanden, für die Gruppe B gilt dies entsprechend. Die Blutgruppe AB enthält sowohl Antigene der Gruppe A als auch B, jedoch keine Antikörper. Bei der Gruppe 0 ist es genau umgekehrt, diese besitzt überhaupt keine Antigene, dafür aber Antikörper gegen die Gruppen A und B. Weil die Gruppe 0 keine Antigene besitzt, können sich entsprechend auch keine Antikörper anhaften, sodass jeder dieses Blut erhalten kann. Im umgedrehten Fall können Menschen mit der Gruppe 0 aber nur solches empfangen.
Der Rhesus-Faktor
Der Rhesus-Faktor des Blutes wurde Ende der 1930er Jahre ebenfalls von Karl Landsteiner und Alexander Solomon Wiener bei den namensgebenden Rhesusaffen entdeckt und von anderen Wissenschaftlern weiter erforscht. Bei dem Rhesus-Faktor handelt es sich ebenfalls um ein Antigen, das in Gruppen mit ähnlicher Zusammensetzung aufgeteilt werden kann. Der wichtigste Rhesus-Faktor erhielt die Bezeichnung D und ist entweder im Blut vorhanden oder nicht. Im Gegensatz zu dem AB0-System werden Antikörper gegen den Rhesus-Faktor aber nur gebildet, sobald der Organismus mit der gegenteiligen Blutgruppe in Berührung kommt. Besonders bei Schwangerschaften konnte dies zu Komplikationen führen, weil eine Frau mit negativem Rhesus-Faktor bei der Geburt eines rhesus-positiven Kindes Antikörper bildete. Bei der Schwangerschaft mit einem zweiten rhesus-positiven Kind, wurde dessen Blut dann quasi bekämpft, was schlimmstenfalls zum Tode führte. In der heutigen Zeit erhalten schwangere Frauen im Bedarfsfall allerdings eine sogenannte Anti-D-Prophylaxe, wodurch die Bildung von Antikörpern verhindert wird und keine Probleme bei einer weiteren Schwangerschaft zu erwarten sind.
Das Kell System
Die Blutgruppe nach dem Kell System ähnelt mit der Unterteilung in Kell-positiv und Kell-negativ dem System des Rhesus-Faktors, bildet aber noch eine dritte Variante aus, bei der es sich um eine mischerbige Kell-positiv Gruppe handelt, sprich dem Resultat aus sowohl positiven als auch negativem Blut der Eltern. Das Besondere an dem Kell-System ist die Verteilung der Blutgruppe. Das Blut von etwa 92% der Menschen ist Kell-negativ und von 7,8% Kell-positiv. Diese beiden Gruppen können sowohl Kell-positives als auch negatives Blut erhalten. Einzig die übrigen 0,2%, in deren Adern reinerbiges Kell-positiv Blut fließt dürfen bei einer Transfusion auch nur Kell-positives Fremdblut erhalten.
Ein glücklicher Zufall
Wie man sieht, ist die Blutgruppe nicht nur für eventuelle Transfusionen von Bedeutung, sondern vor allem auch in der Schwangerschaft. Doch in beiden Fällen konnten die Risiken bereits minimiert werden und werden durch weitere Forschungen und Unterteilungen der Blutgruppen immer weiter reduziert. Wer sich jetzt aber noch über die Vergangenheit wundert, weil es schließlich schon vor dem Entdecken der Blutgruppen Transfusionen gab, erhält auch noch seine Antwort. Die erste Transfusion zwischen menschlichem Blut gelang dem englischen Geburtshelfer James Blundell bereits im Jahre 1825 und dessen Erfolg war purer Zufall. In folgenden Transfusionen überlebte im Durchschnitt nämlich nur jeder Zweite die Injektion fremden Blutes. Glücklicherweise wurde aber trotz starker Kritik an der Behandlungsmethode festgehalten und die erste Erkenntnis über verschiedene Blutgruppen brachte dann schließlich auch Licht ins Dunkel, was die medizinische Versorgung enorm bereicherte.
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