Konkrete Ängste wie die Angst vor Spinnen, Mäusen oder Höhenangst sind nicht ungewöhnlich. Manche Menschen kokettieren sogar damit, anstatt sich ihrer Angst zu stellen. Mit der Sozialphobie hingegen lässt es sich nicht besonders gut kokettieren.
Angst vor sozialen Situationen oder heftiges Bauchgrummeln vor dem Treffen mit Bekannten? Wer gibt schon gerne zu, dass er sich am liebsten ins stille Kämmerlein zurückzieht und den Kontakt mit anderen Menschen meidet?
Es ist noch halbwegs akzeptabel, das Lampenfieber vor dem großen Bühnenauftritt zu thematisieren. Aber öffentlich zu der Angst stehen, die sich vor einem normalen Einkaufsbummel oder dem Elternabend einstellt? Oder auch Angst davor zu haben, beispielsweise eine Telefonkonferenz im Büro mit anderen Geschäftpartnern zu führen. Undenkbar.
Die Sozialphobie passt schlicht nicht in die moderne Gesellschaft, in der neben dem fachlichen Können die soziale Kompetenz immer wichtiger wird. Nichts desto trotz ist die Sozialphobie weiter verbreitet, als allgemein angenommen. Sie zählt – nach Depressionen und Alkoholabhängigkeit – mittlerweile zur dritthäufigsten psychischen Störung überhaupt.
Die Übergänge zwischen „normaler“ Schüchternheit und einer Sozialphobie sind fließend. Oft wird das Schlittern aus der Schüchternheit in die Sozialphobie nicht einmal von den Betroffenen selbst bewusst wahrgenommen.
Was ist die Sozialphobie und wie äußert sie sich?
Bei rund Dreiviertel der Soziophobiker macht sich die Angst erstmals vor dem 16. Lebensjahr bemerkbar. Warum sich so viele Menschen mit einer Sozialphobie herumschlagen müssen, ist nicht geklärt, die Auslöser der Phobie sind weitgehend unbekannt.
Vermutet wird das Zusammenspiel einer familiären Disposition mit bestimmten negativen Lern- und Umwelterfahrungen. Die Ausprägungen der sozialen Angst sind individuell höchst verschieden, die Befürchtungen der Soziophobiker indes ähneln sich sehr: Sie haben Angst, sich in der Öffentlichkeit zu blamieren oder sich unangemessen aufzuführen.
Der Gedanke, im Mittelpunkt des Interesses zu stehen, ist ihnen ein Graus. Zudem sorgen sich Soziophobiker davor, in Gesellschaft durch unangemessene Körperreaktionen wie Schwitzen, Zittern, Erröten oder in Ohnmacht fallen die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
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All die Gedanken der Soziophobiker kreisen darum, in der Öffentlichkeit möglichst unbemerkt zu agieren und nur ja nicht unangenehm aufzufallen. Doch während der eine Soziophobiker lediglich Probleme damit hat, vor versammeltem Kollegium einen Vortrag zu halten, ist es dem anderen schon unmöglich, in der Öffentlichkeit nur zu essen oder zu trinken.
Ist Soziophobie mehr als Schüchternheit?
Lampenfieber vor dem Vortrag? Angst davor, mit dem autoritären Vorgesetzten zu sprechen? Da können selbst einem sonst sehr souveränen Zeitgenossen mal die Nerven flattern. Die Frage ist daher, ob nun jeder an einer Sozialphobie leidet, der fremden Menschen oder ungewohnten Situationen mit Vorsicht gegenübertritt.
Keine Sorge: Eine gewisse Zurückhaltung in ungewohnten Situationen ist durchaus normal. Schließlich kann nicht jeder Mensch extrovertiert sein. Kreist das Denken jedoch nur noch um die Angst, sich einer sozialen Situation stellen zu müssen? Werden die angstauslösenden Situationen bewusst vermieden, sodass es zu massiven Einschränkungen des Soziallebens und auch des normalen Alltags führt? Dann ist es ratsam, sich Hilfe zu holen.
Onlinetherapie für Soziophobiker – Wege aus der Einsamkeit
Die Freie Universität Berlin bietet derzeit in Kooperation mit der Universität Bern ein Behandlungsprogramm an, welches Soziophobikern helfen soll, den Angstkreislauf zu durchbrechen.
Die Therapie findet rein internetbasiert statt, sodass die größte Hürde – nämlich die, einen persönlichen Kontakt aufzunehmen – entfällt. Informationen zur Onlinetherapie und Wissenswertes über die Sozialphobie gibt es im Internet unter: https://www.online-therapy.ch
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