In nördlichen Breitengraden sterben im Verhältnis mehr Menschen an Herzinfarkten und Gefäßerkrankungen als in südlichen Gefilden mit mehr Sonnenstunden. Australier sterben viel seltener an Herzinfarkt, Schlaganfall und Herzschwäche. Innerhalb des Vereinigten Königreiches existiert ebenso ein deutliches Nord-Süd-Gefälle hinsichtlich der Sterblichkeit. Das Phänomen ist schon lange bekannt, aber eine Erklärung fehlte bislang. Laut Professor Richard Weller von der Universität Edinburgh ist der ultraviolette Anteil des Sonnenlichts dafür verantwortlich.
Vitamin D alleine hilft nicht
Lange Zeit wurde angenommen, dass Vitamin D auf die eine oder andere Weise zu einem besseren Zustand von Herz und Blutgefäßen beiträgt. Tatsächlich gab es eine Verbindung zwischen beiden. In Regionen mit hohen Konzentrationen an Vitamin D im Blut wurden weniger Herz- und Gefäßerkrankungen festgestellt. Aber es war nicht das Vitamin D, dass eine Blutdrucksenkung verursachte. Die Einnahme von Vitamin D-Präparaten in Gegenden mit niedrigem Vitamin D-Spiegel hatte keinen Einfluss auf die Anzahl der Todesfälle durch Herz- und Gefäßkrankheiten.
Kurzum, wenn die Vitamin D-Präparate keinen Effekt hatten, musste es eine andere Erklärung geben, begründet Professor Weller die Forschung. Die natürliche Konzentration von Vitamin D im Blut war wahrscheinlich nur ein Hinweis auf die Zeit, die Menschen in der Sonne verbracht hatten.
Blutdrucksenkung nach UV-Einstrahlung
Professor Weller hatte einen anderen Stoff im Auge, um die Wirkung auf den Blutdruck zu erklären: Stickstoffoxid (NO). Erst seit 1998 weiß man, dass dieses sehr einfache Molekül dabei eine entscheidende Rolle spielt.
Um das herauszufinden, bestrahlte Weller beide Arme der freiwilligen Studienteilnehmer mit einer UV-Lampe und stellte tatsächlich fest, dass die Blutgefäße sich erweiterten und der Blutdruck sank. Um sicherzugehen, blockierte Weller in einem zweiten Experiment das ultraviolette Licht der Lampen, so dass die Arme der Probanden nur aufgewärmt wurden. Dieses Mal erweiterten sich die Blutgefäße nicht und auch der Blutdruck blieb unverändert.
Wirkung hält mehr als eine Stunde an
In einer weiteren Untersuchung bestrahlte Weller den ganzen Körper von zwölf Freiwilligen für 20 Minuten mit UV-Licht. Bei der zweiten Gruppe mit zwölf Freiwilligen wurde wieder das UV-Licht blockiert, so dass sie nur mit Wärme behandelt wurden.
In der ersten Gruppe sank der Blutdruck bis zu mehr als 60 Minuten nach der Bestrahlung. In der Kontrollgruppe passierte das nicht. Dies ist der erste Beweis beim Menschen, dass die ultraviolette Strahlung des Sonnenlichts den Blutdruck senken kann. Nicht viel, aber genug, um die Sterblichkeitsrate der Bevölkerung deutlich zu reduzieren.
Der Nutzen von Nitraten und Nitriten
Die Haut speichert in großen Mengen Nitrate (NO3) und Nitrite (NO2). Beides wird anscheinend durch Sonneneinstrahlung umgewandelt in Stickstoffoxid, dass anschließend seine entspannende Wirkung auf die Blutgefäße ausübt.
Wie die Reserven an Stickstoffverbindungen in der Haut aufgebaut werden, ist noch nicht bekannt. Vermutlich über die Ernährung mit stickstoffreichen Gemüsesorten, einschließlich grünen Blattgemüsen wie Salat, Spinat, Endivie und Mangold. Aber auch Rote Bete, diverse Kohlsorten, grüner Sellerie, Garten- und Brunnenkresse, Kerbel, Petersilie, Senfblätter, Fenchel, Kohlrabi und Porree sind reich an Stickstoff.
Noch immer bekommen wir zu hören, dass hohe Konzentrationen an Nitraten und Nitriten in der Ernährung gefährlich sind für unsere Gesundheit. Allerdings wird das durch die aktuellen Forschungen infrage gestellt, da diese Stoffe nun abermals eine gesundheitsfördernde Wirkung zeigen.
In der Zwischenzeit werden jedoch noch immer viele Gemüsesorten für den Verkauf abgelehnt und vernichtet, obwohl sie vermutlich gerade sehr nützlich für die Gesundheit sind. Denken Sie an Rote Bete-Saft, der unter Sportlern so beliebt ist.
Nutzen und Schaden abwägen
Sonnenlicht scheint also gesund für Herz und Blutgefäße und um optimal von der Sonne genießen zu können, muss man also raus ins Freie. Mit Nahrungsergänzungsmitteln alleine funktioniert es nicht. Wie lange man sich in der Sonne aufhalten soll, ist allerdings eine andere Geschichte. Zu viel Sonnenlicht ist tatsächlich schlecht für die Haut und kann Hautkrebs verursachen. Aber die Anzahl Todesfälle durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen liegt Dutzende Male höher als die Zahl der Opfer von Hautkrebs.
Weller gibt an, dass die Forschung noch herausfinden muss, wie viel Sonnenlicht uns einen maximalen Vorteil liefert bei einem Minimum an Nachteilen. Weiterhin scheint die Wirkung von Sonnenlicht auf den Blutdruck bei älteren Menschen größer zu sein, erklärt er. Noch ein Grund mehr für Senioren, um mehr Zeit im Freien zu verbringen. Genießen Sie die Sonne also, wenn sie denn scheint, aber sorgen Sie auch für ausreichenden Sonnenschutz.
Quelle: D Liu, BO Fernandez, NN Lang, JM Gallagher, DE Newby, M Feelisch and RB Weller: UVA lowers blood pressure and vasodilates the systemic arterial vasculature by mobilisation of cutaneous nitric oxide stores. Journal of Investigative Dermatology (2013) 133, S209–S221, abstract no 1247, published online 15 April 2013; DOI:10.1038/jid.2013.104
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