Immer dann, wenn Menschen die unsichtbaren Attacken von radioaktiver Strahlung zu befürchten haben, kommt es zu einem Ansturm auf Jodtabletten. Denn der Glaube ist weit verbreitet, dass Jod ein wirksames Bollwerk gegen Strahlungsschäden sei. Doch warum ist diese Meinung nur zu einem kleinen Teil medizinisch richtig? Und warum kann die frei flottierende Selbstmedikation mit Jodtabletten in aller Regel sogar mehr schaden als nutzen?
Jod als Basis des Schilddrüsenhormons
Der menschliche Körper benötigt Jod, weil er damit das Schilddrüsenhormon Thyroxin herstellt. Thyroxin ist ein unverzichtbarer Wirkstoff, der sämtliche Stoffwechselvorgänge im Körper regelt oder maßgeblich beeinflusst. Kommt der Thyroxinspiegel aus dem Gleichgewicht, sind schwerwiegende gesundheitliche Probleme die gefährliche Folge. Stellt die Schilddrüse aufgrund entsprechender Erkrankungen zu wenig Thyroxin her, dann liegt eine Schilddrüsenunterfunktion vor. Umgekehrt entwickelt man bei einer übermäßigen Thyroxinproduktion eine Schilddrüsenüberfunktion. Und genau diese gefährliche Krankheit kann man sich selbst heranzüchten, wenn man deutlich mehr Jod zu sich nimmt, als der Körper eigentlich verbrauchen kann und möchte.
Wann und warum sind Jodgaben sinnvoll?
Wenn die Versorgung mit Jod für den Körper in ausreichendem Maß und in vernünftiger Weise gegeben ist, dann besteht für den gesunden Stoffwechsel keinerlei Veranlassung, weiteres (und womöglich strahlenverseuchtes) Jod aufzunehmen. Somit ist die Gefahr gebannt, dass der Körper verstrahltes Jod für die Thyroxinproduktion verwenden würde. Das ist ganz ohne Frage eine besonders wichtige Schutzmaßnahme in Zeiten einer Strahlenbedrohung. Aber: Wer im Rahmen einer gesunden und ausgewogenen Ernährung regelmäßig jodiertes Speisesalz verwendet, oder anderweitig auf die ausreichende Zufuhr von Jod über ausgewählte Lebensmittel geachtet hat, der hat sich diesen Schutz bereits auf ganz natürliche Weise angeeignet. Darum sind zusätzliche prophylaktische Gaben von Jod einzig und allein dann sinnvoll und notwendig, wenn angenommen werden muss, dass der betreffende Mensch aktuell zu wenig Jod in sich hat. Ob das tatsächlich der Fall ist oder nicht, wird im Einzelfall nur schwer abzuschätzen sein, wenn man nicht bereits auf eine entsprechende Krankengeschichte zurückblickt.
Was bewirkt eine Überdosierung mit Jod?
Das Ergebnis einer durch viel zu viel Jod hausgemachten Schilddrüsenüberlastung kann die durchaus lebensbedrohliche „thyreotoxische Krise“ sein. Das klinische Bild, das man als die gefährliche Krönung einer Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion) bezeichnen könnte, entwickelt sich in aller Regel recht plötzlich, aber immer in der Folge des Verzehrs abnorm hoher Mengen von Jod. So kann es im schlimmsten Fall dazu kommen, dass ein übereifriges Schlucken einer Überdosis Jod zum Tode führt.
Es kann sicher nicht schaden, für den Fall des Falles „sauberes“ Jod in der Hausapotheke zu haben. Die Einnahme dieser Substanz will jedoch mehr als sorgfältig erwogen sein.
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