Wenn die Bauchspeicheldrüse sich entzündet, und der Arzt nach gründlicher Untersuchung folgerichtig eine Pankreatitis diagnostiziert, dann steht der leidende Mensch fast automatisch im Verdacht, mit schöner Regelmäßigkeit viel zu tief und viel zu oft ins Glas zu schauen. Diese voreilige Stigmatisierung ist allerdings in der Mehrzahl der Fälle völlig fehl am Platz, weil gänzlich ungerechtfertigt. Denn allzu großzügiger Alkoholgenuss ist nur eine von vielen verschiedenen Ursachen für eine Bauchspeicheldrüsenentzündung. Und diese Ursachen sollte jeder mündige Patient gut kennen.
Zahlen zur Pankreatitis
US-Amerikanische Wissenschaftler sind der Frage nachgegangen, wie die prozentualen Häufigkeiten für die unterschiedlichen Auslöser der Pankreatitis aussehen. Dabei konnten sie ermitteln, dass bei allen untersuchten Erkrankungen lediglich in 44 % der Fälle ein übermäßiges Trinken kausal zu konstatieren war. In 27 % der Fälle konnte als pathogenes Agens eine gänzlich andere Ursache, zum Beispiel eine erblich bedingte Organschwäche oder schädigende Umwelteinflüsse, dingfest gemacht werden (auch das Rauchen kann außer dem Tabak auch die Bauchspeicheldrüse entzünden). Bei den verbleibenden 29 % standen die Ärzte mit ihrer Diagnostik sogar vor einem unlösbaren Problem; hier ließen sich nämlich überhaupt keine plausiblen Erkrankungsursachen aufspüren.
Das bedeutet, dass die „Säuferkrankheit“ bei deutlich mehr als der Hälfte aller Patienten absolut rein gar nichts mit Alkohol zu tun hat. Hier kommen ganz offensichtlich Faktoren der Genetik, der Umwelt und der Wechselwirkung aus beidem zusammen, die auch eingefleischten Abstinenzlern eine unliebsam anschwellende Krankenakte bescheren können.
Wie kann sich die Bauchspeicheldrüse überhaupt entzünden?
Diese Frage wurde bislang aus Unkenntnis der vielen unterschiedlichen Ursachen im Wesentlichen für den Alkohol geklärt. Alkohol in Unmengen ist eine Substanz, die die Aktivität der Bauchspeicheldrüse weit über das normal gesunde Maß hinaus steigert. Und wenn die solcherart angestachelte Produktion von Verdauungsenzymen die Pankreas-Logistik sprengt, dann kann es passieren, dass auf einmal das eigene Drüsengewebe von der endokrinen Überproduktion angegriffen und zerfressen wird. Die schmerzhafte Folge sind Gewebsschäden, Blutungen und Gefäßschwellungen, die sich nicht selten chronifizieren.
Auslöser jenseits des Alkohols
Wie robust und gesund eine Bauchspeicheldrüse ist, und welche Nehmerqualitäten sie hat, wird in hohem Maße von den Genen des Menschen bestimmt. So gibt es praktisch von Geburt an sehr unterschiedliche Pankreas-Qualitäten, mit denen man leben lernen muss. Wer hier von der Natur stark benachteiligt wurde, kann schon vom Passivrauchen eine Pankreatitis bekommen, ohne dass er jemals auch nur in die Nähe eines Tropfens Alkohol gekommen wäre. Andererseits kann auch die gelassenste Bauchspeicheldrüse „Feuer fangen“, wenn sie pausenlos mit Lebensmitteln aus dem roten Bereich des glykämischen Index (GI) bombardiert wird.
Wer seine Bauchspeicheldrüse vorsichtshalber so gut wie möglich schonen will, der sollte die folgenden Aspekte beachten:
- Alkohol und koffeinhaltige Getränke nur in verträglichen Maßen genießen
- Bei familiärer Vorbelastung möglicht ganz auf alle „Genussgifte“ verzichten
- Nicht rauchen, weder aktiv noch passiv
- Bevorzugt gesunde Lebensmittel mit niedrigem glykämischen Index verzehren
- Auf unnötige Medikamenteneinnahmen konsequent verzichten
Plötzlich auftretende heftige Schmerzen im Oberbauch, die man sich nicht erklären kann, sind ein ernst zu nehmender Hinweis auf den Ausbruch einer Pankreatitis. Dann sollte man natürlich sofort zum Arzt gehen. Aber bitte nur zu einem gut aus- und fortgebildeten Fachmann, der um die unterschiedlichen Ätiologien einer Bauchspeicheldrüsenentzündung weiß. Und der seinen Patienten auf der Basis dieses Wissens nicht automatisch als Trunkenbold abstempelt, und vielleicht dementsprechend unmotiviert behandelt.
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