Extrem hohes Übergewicht treibt seine „Eigentümer“ nicht selten an den Rand der Verzweiflung. Wenn das Hüftgold partout nicht weichen will, und statt dessen immer üppigere Auswüchse annimmt, dann denken viele Leid geplagte Pfundsmenschen darüber nach, ihr Fett mit einer Magenverkleinerung wegzukriegen. Diese operative Ultima Ratio stellt in vielerlei Hinsicht ein einschneidendes Erlebnis dar, von dem sich die Patienten des Adipositas-Chirurgen eine ewig währende schlanke Zukunft erhoffen. Und die meisten Betroffenen denken dabei, dass es die mit dem Skalpell gewaltsam reduzierten Portionsgrößen sind, die den Speck zum Schmelzen bringen. Tatsächlich hat sich aber, jüngsten wissenschaftlichen Studien zufolge, ein ganz anderer Wirkmechanismus bei der Magenverkleinerung als der eigentlich effiziente Akteur erwiesen. Doch wenn es nicht die erzwungenen Spatzenportionen auf den Kindertellern sind – was ist es dann? Und wie könnte man diese medizinische Erkenntnis nutzen, um vielleicht in Zukunft auch ohne gefährliche OP die gleiche verblüffende Erschlankung zu erzeugen?
Zu den erwünschten „Nebenwirkungen“ des Magen-Bypass
Bei einer Magen-Bypass-Operation wird zum einen das Fassungsvermögen des meist ziemlich ausgeleierten Magens drastisch reduziert, und zum anderen wird der per Chirurgenbesteck eingedampfte Magen ohne Umwege direkt an den Dünndarm angeschlossen. Das bedeutet ganz konkret, dass der Zwölffingerdarm absichtsvoll zur Untätigkeit verurteilt wird. Und das, was nach der Operation vom Darm noch in Aktion treten kann und darf, hat kaum eine Chance, die angebotenen Nährstoffe auszufiltern und physiologisch verwertbar zu machen. Bei der einfachen Magenband-Methode dagegen lässt der Chirurg den Darm unberührt links liegen, und verpasst lediglich dem Magen einen drastisch eng geschnallten Gürtel. Bis jetzt hat man hier der Frage, welche dieser Methoden warum wie effizient wirkt, wenig Beachtung geschenkt. Denn die sich einstellenden Gewichtsverluste schienen mit der Tatsache ausreichend begründet, dass die Patienten ab sofort ihre Mahlzeiten aus Fingerhüten einnehmen konnten. Dass hier aber noch ein ganz anderes und weit weniger blutiges Potenzial schlummert, hat Carel W. Le Roux nebst eigenem Forscherteam jetzt mit wissenschaftlicher Akribie enthüllt. Denn tatsächlich ist es nicht nur die kleinere Portionierung, sondern eine nachweisliche Veränderung des Geschmackssinns, die hier schlankmacht.
Wie funktioniert das?
Wer sich im Rahmen einer fettfreien Diät in einem unbewachten Augenblick der Schwäche über eine gegrillte Schweinshaxe hermacht, der wird seinen diätetischen Ausrutscher schon bald mit fiesen Bauchschmerzen büßen müssen. Denn: Der von Fett entwöhnte Verdauungstrakt kann die urplötzlich wieder im Übermaß angebotenen Genüsse nicht mehr verarbeiten, und verkrampft sich. Dieser schmerzhaften Erfahrung kann ein recht lang andauernder Widerwille gegen fettes Essen folgen. Einem ähnlichen Wirkmechanismus ist auch die Erfolgsstory der Magen-Bypass-Operation geschuldet. Denn weil jetzt ein fettreicher Nahrungsbrei nicht mehr ordnungsgemäß verdaut werden kann, stellt sich erst ein deutlich wahrnehmbares Unwohlsein und dann eine psychologisch begründete starke Abneigung gegen fette Speisen ein. Darum essen die Patienten nicht nur weniger, sondern auch deutlich fettärmer – und nehmen rapide ab.
Fazit
Wer es mit Selbstdisziplin schafft, nicht nur wesentlich weniger, sondern dabei auch fettärmer zu essen, der kann alle Vorteile einer Magenbypass-Operation nutzen, ohne sich einer solchen unterziehen zu müssen. Das Forscherteam um Le Roux arbeitet derzeit daran, aus dieser Erkenntnis eine neue Wunderwaffe gegen die Fettleibigkeit zu schmieden.
Weiterführender Link zum Thema:
Carel W. Le Roux und 10 weitere Autoren: Gastric bypass reduces fat intake and preference. American Journal of Physiology – Regulatory, Integrative and Comparative Physiology.
http://ajpregu.physiology.org/content/early/2011/06/30/ajpregu.00139.2011.reprint
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