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Kostenlose Apps gefährden Patientendatenschutz

Patientendatenschutz – lange wird es ihn nicht mehr geben. Schon heute sind viele Anwendungsbereiche nicht mehr wirklich geschützt. Leider sind sich weder Patienten noch Ärzte dessen wirklich bewusst.

Whatsapp ist eine kostenlose App für das Smartphone und Iphone.

Kostenlose Apps wie z. B. WhatsApp sammeln Daten ihrer Nutzer. Bild: © picture alliance / Frank May

Hierzulande ist es etwas ruhig um den Datenschutz geworden. Der Bundestagswahlkampf ließ kaum Spielraum für andere Themen. Nun, da die FDP ganz ausgeschieden ist, und die Grünenspitze den schnellen Rückzug angetreten hat, können wir uns vielleicht bis zu den beginnenden Koalitionsverhandlungen mal wieder dem Datenschutz – insbesondere dem Patientendatenschutz – zuwenden.

WhatsApp und die Gefahr für den Patientendatenschutz

Am 1. September 2013 konnte man in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung unter der Überschrift „Die Generation Whatsapp“ lesen, dass rund 300 Millionen Menschen mit Whatsapp kommunizieren.

Längst ist bekannt, dass Whatsapp in Sachen Datenschutz kein leuchtendes Vorbild ist. Den Usern scheint dies aber völlig egal zu sein. Hauptsache kostenlos. Es ist nicht neu, dass scheinbar „kostenlos“ eine andere Form der Bezahlung zur Folge hat: Man bezahlt mit seinen Daten. In diesem Fall zahlen Freunde, Bekannte und andere, deren Daten in den Handys von Whatsapp-Usern gespeichert sind gleich mit. Gefragt werden sie allerdings nicht, ob sie das wollen.

Und damit die geneigten F.A.S Leser, die vielleicht noch Bedenken haben Whatsapp zu nutzen, diese schnell über Bord werfen können, kommen nicht nur junge Leute zu Wort, die sagen, dass Facebook längst nicht mehr cool sei, sondern auch gestandene Persönlichkeiten wie Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer. Montgomery verschickt 10 bis 20 Nachrichten pro Tag, teilt er mit. Und damit auch alle gleich wissen, um wen es sich bei Frank Ulrich Montgomery handelt, zeigt sein Status eine Spritze, einen Krankenwagen und 2 Tatzen. Und nach eigenen Angaben kommuniziert er in langweiligen Sitzungen auch mit Kollegen über Whatsapp. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass Montgomery Whatsapp auch beruflich nutzt. Um welche Art Kollegen es sich dabei handelt, erfährt man in diesem Artikel nicht. Das wissen nur diejenigen, die die Daten von Whatsapp auslesen.

An dieser Stelle darf der geneigte Leser sich gerne fragen, ob vielleicht der eine oder andere seiner Ärzte auch über Whatsapp kommuniziert, und wie es dann um den Patientendatenschutz bestellt ist.

Es gibt natürlich noch viel mehr Beispiele, die zum Nachdenken anregen können.

Der Einsatz von Apps im Gesundheitswesen

Die Berliner Charité speichert Röntgenbilder so ab, dass Ärzte diese über ein Tablet abrufen können. So haben sie die Röntgenbilder auch bei der Visite am Krankenbett dabei. Die Übertragung erfolgt über WLAN. Ein verschlüsseltes System, das bis vor Kurzem noch als sehr sicher gelten konnte. Nun, da man weiß, dass NSA und andere Geheimdienste auch diese Verschlüsselungen knacken können, ist der Patientendatenschutz zumindest gefährdet.

Die Charité geht aber noch einen Schritt weiter. Bei neurochirurgischen Eingriffen wird mit einer App navigiert. Laut Pressemitteilung verspricht dies mehr Sicherheit für Patienten durch eine neue Navigationstechnologie. Mit Hilfe einer smartphone-basierten Technologie werden Chirurgen bei der Planung und Durchführung einer bestimmten neurochirurgischen Operation unterstützt. Das neuartige Verfahren hat die Charité gemeinsam mit einem Potsdamer Medizinproduktehersteller entwickelt. Noch befindet sich die Metastudie in der Durchführung, d. h. es werden noch nicht alle Eingriffe dieser Art mit Hilfe der App durchgeführt. Wie es hierbei um den Patientendatenschutz bestellt ist, konnte man der Pressemitteilung leider nicht entnehmen.

Seit den Enthüllungen von Edward Snowden wissen wir, dass Smartphones auch dann aktiv sind, wenn sie ausgeschaltet sind. Wenn jetzt diese Smartphones in den Operationssälen liegen bleiben, dann könnte dies doch bedeuten, dass weitaus mehr Daten nach „Irgendwo“ übertragen werden, als dem einzelnen Patienten u. Umständen lieb sein kann. Das gilt natürlich jetzt auch schon für Arztpraxen, wenn Patienten oder Ärzte Smartphones mit in das Behandlungszimmer nehmen.

Die Horrorvision wäre letztendlich, dass uns die Pharmaindustrie, Anbieter von Life Science, Krankenversicherungen etc. mit kostenlosen Info-Apps locken, die nur vorgeben für uns nützlich zu sein. In Wirklichkeit greifen sie unsere Daten beim Arztbesuch ab, um sie zu ihren Gunsten oder auch gegen uns zu verwenden.

Dabei können die neuen technischen Möglichkeiten viele sinnvolle Anwendungen bieten. Notrufsysteme, z. B. oder Datenabgleich bei der Vergabe verschiedener Medikamente, um so ungewollte Wechselwirkungen zu verhindern. Ältere Menschen an die Einnahme wichtiger Medikamenten erinnern. Demenzkranke mittels GPS finden, wenn diese sich verlaufen haben.

Ob langfristig der Nutzen oder der Schaden für Patienten überwiegen wird, das werden wir, wenn überhaupt, erst in einigen Jahren wissen. Dann wird ein Ausstieg aus dieser Technologie jedoch nicht mehr möglich sein.

Schöne neue Welt! Patientendatenschutz adé!

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Über Ria Hinken

Ria Hinken kam über ihre Motorradleidenschaft in den 1980er Jahren zum Hessischen Rundfunk. Sie war zunächst für die Verkehrsredaktion später auch als Freie für andere Redaktionen und Sender tätig. 4 Jahre hat sie eine eigene Motorradzeitschrift herausgegeben. Heute sind ihre Schwerpunktthemen: Gesundheit, Reisen und Wirtschaft. Sie ist leidenschaftliche Bloggerin.