Auch wenn Krankenkassen dies fälschlicherweise anders sehen mögen: Schlanke Leute haben gegenüber ihren wohlbeleibten Zeitgenossen nicht unbedingt einen nachhaltigen gesundheitlichen Bonus. Denn wer kennt ihn nicht, den fröhlichen Pykniker, der kugelrund und kerngesund ein gesegnetes Alter erreicht, während der schmale Leptosom schon in jungen Jahren unerklärlich an Diabetes erkrankt? Wer hier bislang vergeblich eine medizinische Logik in der offensichtlich verkehrten Pfundswelt gesucht hat, dem können die aktuellen Befunde der Humangenetik jetzt erklärend weiterhelfen. Denn es hat sich gezeigt, dass es ein ganz bestimmtes Gen ist, das hier ziemlich fett für Verwirrung sorgt. Welchen Namen hat die Forschung diesem erblichen Übel gegeben? Und was macht diesen fiesen genetischen Code so fatal?
Lockere Zusammenhänge sind keine Kausalitäten
Befragt man Ärzte und Ernährungsberater, so wird man fast einstimmig zu hören bekommen, dass Personen mit Übergewicht signifikant stärker von Diabetes und Koronarerkrankungen bedroht sind, als eine normalgewichtige Vergleichsgruppe. Hier gibt es also gewisse statistische Zusammenhänge, die niemand leugnen wird. Doch diese Zusammenhänge sind weit davon entfernt, ideal oder perfekt zu sein. Und das bedeutet: Es gibt neben dem BMI noch viel mehr Einflüsse auf die Gesundheitsentwicklung, als die Schulmedizin es sich bislang zu träumen wagte. Einer dieser Einflüsse wurde jetzt in einer groß angelegten Feldstudie enttarnt: Es ist das Gen IRS1. Und sein fatales Wirken liegt buchstäblich im Verborgenen.
Außen mager – innen fett
Die Wissenschaftler werteten biometrische und medizinische Daten von knapp 80.000 Personen aus. Eigentlich hatten sie dabei im Sinn, jene Gene zu finden, die ihre Besitzer rank und schlank halten. Dabei blieb der geschärfte Forscherblick auch an dem Gen IRS1 hängen. Denn es konnte beobachtet werden, dass dieses Gen überzufällig häufig bei schlanken Menschen im Erbgut wirkte. Doch was sich da außerdem noch feststellen ließ, war weit weniger angenehm. Denn eben genau jene normal- bis idealgewichtigen Probanden waren es auch, die außergewöhnlich häufig mit Diabetes und Koronarleiden zu kämpfen hatten. Die wissenschaftliche Neugier war angestachelt.
Und siehe da: IRS1 sorgt zwar zuverlässig dafür, dass Unterhautfettgewebe keine Chance bekommt. Insoweit bleibt die Silhouette schlank. Doch dafür sind die inneren Werte katastrophal. Denn der Speck, der nicht unter die Haut gehen darf, lagert sich dafür umso ungenierter an den inneren Organen ab. Und die fühlen sich von dem wachsenden Speckmantel mehr und mehr in ihrer Funktionalität behindert. Jeder kann sich gut vorstellen, dass ein wehrlos verfettetes Herz irgendwann den Dienst quittiert. Genau das ist es auch, was eines Tages unweigerlich passiert. Da nützt es dem Herzinfarktsopfer auch nicht viel, dass er im Krankenhauskittel eine schlanke Figur macht.
Fazit
Sichtbare Rettungsringe sind vielleicht nicht jedermanns ästhetisches Ideal. Aber sie können bei dem einen oder anderen ein langes Leben begleiten. Und das mag allen ein Trost sein, die mit dem aktuellen Magerwahn keine dauerhafte persönliche Beziehung aufbauen mögen.
Weiterführende Links zum Thema „Humangenetik“:
Schlank – und trotzdem krank
http://lifestyle.t-online.de/schlank-und-trotzdem-krank/id_47511762/index?news
Mark Shainblum: Diabetes advance: Researchers find gene that causes resistance to insulin
http://www.eurekalert.org/pub_releases/2009-09/mu-dar090409.php
Dr. Martina Hahn-Hübner: Gene entscheiden mit über Diabetes und Herzinfarkt
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