Fußballspielen und Herumtoben gehört für Kinder zum Aufwachsen ganz selbstverständlich dazu und hilft ihnen beim Entwickeln ihrer motorischen Fähigkeiten. Für einige stellen derartige Freizeitaktivitäten aber ein zu hohes Verletzungsrisiko dar und sind tabu. Sie leiden unter Osteogenesis imperfecta (OI), auch Glasknochenkrankheit genannt.
Dieser umgangssprachliche Begriff beschreibt sehr anschaulich das Hauptproblem der Betroffenen: Ihre Knochen halten Belastungen schlecht stand und brechen leicht. Ein Tritt gegen das Schienbein oder ein Sprung vom Klettergerüst könnte für sie mit einem komplizierten Knochenbruch enden.
Die Ausprägung von Osteogenesis imperfecta ist unterschiedlich
Die Deutsche Gesellschaft für Osteogenesis imperfecta Betroffene e.V. (DOIG) schätzt, dass in Deutschland mindestens 4.000 und 6.000 Menschen mit dieser erblichen Erkrankung leben. Da es unterschiedliche Ausprägungen des Krankheitsbildes gibt, werden die milderen Formen der OI manchmal auch nicht als solche erkannt und die tatsächlichen Zahlen sind vermutlich höher.
Zur typischen Glasknochenkrankheit gehören häufige Knochenfrakturen, Deformierungen der Knochen (z.B. gebogene Unterschenkel), leicht überdehnbare Gelenke und Sehnen, brüchige Zähne, Kleinwüchsigkeit, bläuliche Verfärbung der Skleren (weiße Augenhaut) und oft eine leicht erhöhte Körpertemperatur. Zur Festlegung des Schweregrades der Erkrankung existieren verschiedene Typisierungsklassen.
Die Kollagenversorgung ist bei der Glasknochenkrankheit gestört
Der Name „Glasknochen“ beschreibt nicht nur die leichte Verletzlichkeit, sondern auch die Eigenschaft der Knochen, auf Röntgenbildern sehr durchscheinend und dünn zu wirken. Ursache für die OI ist eine Störung des Kollagenhaushalts.
Durch ungenügend oder fehlerhaft produziertes Kollagen, bei dem es sich um Eiweißverbindungen handelt, die im Körper Stütz- und Bindefunktionen haben, ist die Elastizität und Festigkeit der Knochen nicht gewährleistet. Diese genetische Störung ist vererbbar und sie ist nicht heilbar. Ihr Verlauf ändert sich mit dem fortschreitenden Alter meistens.
Bei schweren Formen der OI kommt es häufig bereits vor der Geburt und während des Geburtsvorganges zu Knochenbrüchen. Während der ersten Lebensjahre, in denen der Körper wegen des schnellen Knochenwachstums viel Kollagen benötigt, ist die Gefahr von Brüchen besonders groß. Ein kleiner Stoß oder ein heftiges Husten können einen Bruch herbeiführen.
Mit dem Eintritt in die Pubertät besteht eine große Chance, dass die Anfälligkeit abnimmt, da der Körper sich nur noch um die vorhandene Knochenmasse kümmern muss. Die Kinder können Regelschulen und Kindergärten besuchen, wobei eine gründliche Information der Betreuer und Lehrer wichtig ist. Die Auswahl der Hobbys und auch des späteren Berufs orientiert sich zwangsläufig an dieser Knochenschwäche.
Therapeutische Möglichkeiten
Falsch wäre es, Kinder mit Glasknochenkrankheit absolut zu schonen und sie bewegungsarm aufwachsen zu lassen. Gerade sie benötigen eine stützende Muskulatur. Krankengymnastik, spezielle isometrische Übungen und Schwimmen stehen deshalb bei den meisten regelmäßig auf dem Stundenplan.
Als operative Behandlungsmethode werden seit einiger Zeit präventiv Teleskopnagelungen angewendet. Dabei werden zur Unterstützung Metallstäbe in die Röhrenknochen implantiert, die variable sind und mitwachsen.
Mittlerweile laufen Studien über die Wirksamkeit und Therapien mit Biophosphonaten. Diese Wirkstoffe sollen knochenabbauende Aktivitäten der Zellen hemmen und Mineralstoffe im Knochen binden. In einigen Fällen zeigten sich bereits Verdichtungen der Knochen, allerdings gibt es noch keine Langzeitstudien, so dass es zu früh ist, von der Möglichkeit zu sprechen, OI in Zukunft therapieren zu können.
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