Ist es rechtswidrig, wenn diese für den Saucenklassiker eigentlich zwingend notwendigen Bestandteile stattdessen durch Pflanzenfett und einen Farbstoff ersetzt werden? Nein – so entschied es am 26.10.1995 das oberste europäische Gericht in Luxemburg.
Salopp zusammengefasst lässt sich das Urteil damit begründen, dass der Konsument eben das Kleingedruckte auf dem Etikett lesen müsse. Und somit liegt der Schwarze Peter beim Konsumenten statt beim Hersteller.
Frisches kommt nicht in die Tüte
Wer eine cremige Champignonsuppe zubereitet, benötigt frische Champignons, Wasser, Sahne und verschiedene Gewürze. Nachvollziehbar, dass für die industriell hergestellte Champignonsuppe andere Zutaten in die Tüte geworfen werden müssen – nur hat das mit dem Ursprungsprodukt nicht mehr viel zu tun. Und dem Gerichtsurteil zufolge sind die Verbraucher selbst Schuld, wenn sie glauben, dass es die namensgebenden Champignons sind, die der Tütensuppe den Geschmack geben.
In der industriell hergestellten Tütensuppe findet sich gerade mal ein zerkleinerter Champignon. Nur was bringt denn dann den Geschmack in die Tüte und was sorgt dafür, dass wir uns nach dem Verzehr dieser Suppe gesättigt fühlen?
Hier kommen verschiedene Pflanzenöle und Stärke aus Mehl oder Kartoffeln ins Spiel. Dazu modifizierte Stärke, mit der die gewünschte Cremigkeit erzeugt wird. Zwingend nötig sind auch diverse Füll- und Zusatzstoffe, die das sättigende Empfinden auslösen.
Und nicht zu vergessen ist natürlich die Mixtur aus Geschmacksverstärkern, von denen Glutamat wohl zu den bekanntesten gehört. Ebenfalls üblich ist die Zuhilfenahme verschiedener weiterer Zusatzstoffe, die den übermäßigen Geschmack anderer Zusatzstoffe entschärfen.
Das Butteraroma in Sauce Hollandaise wird beispielsweise durch Diacetyl erzeugt, einen Stoff, der in Verruf geraten ist, weil er in den USA beispielsweise als Auslöser einer Lungenerkrankung ausgemacht wurde, wie der Spiegel in einem Bericht über die Popcorn-Lunge berichtete.
Clean Labelling – weniger ist mehr
Nun ist es illusorisch zu glauben, dass Konserven und Tüten mit Vitaminen und Frische punkten. Doch sieht es bei anderen industriell hergestellten Lebensmitteln leider auch nicht besser aus.
Und so erstaunt es kaum noch, dass sich selbst in Backwaren Backenzyme aus Pilz- und Bakterienkulturen tummeln. Den bewussten Konsumenten schmeckt das verständlicherweise nicht und die Lebensmittelindustrie reagiert darauf.
Denn was der Konsument nicht weiß, das liegt ihm auch nicht so schwer im Magen und so geht der Trend zum so genannten Clean Labelling oder Lean Labelling. Das bedeutet, dass zunehmend soche Zusatzstoffe eingesetzt werden, die (noch) nicht deklarationspflichtig sind.
Das gilt beispielsweise für technische Hilfsstoffe, die dafür sorgen, dass sich die Produkte industriell besser verarbeiten lassen. Auch sind Lebensmittelchemiker emsig dabei, die Rezepturen so zu gestalten, dass auf dem Etikett „ohne Zusatzstoff: Geschmacksverstärker“ stehen darf. Das bedeutet allerdings nicht, dass besagte Geschmacksverstärker nicht im Produkt enthalten sind. Das ist nämlich nur der Fall, wenn es explizit heißt: „ohne Geschmacksverstärker“. Alles klar?
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