Nun, die EU bekommt 2012 den Friedensnobelpreis – da liegt es doch quasi auf der Hand, sozusagen mit einem Streich dem Chef von Nestlé Deutschland, Gerhard Berssenbrügge, das Bundesverdienstkreuz zu verleihen. Dies dachte sich die Verbraucherorganisation foodwatch, denn Nestlé vollbringt wahre Wunder: Im Onlineshop des Unternehmens werden neuerdings zwei zuckerreduzierte Frühstücksflockenprodukte angeboten. Bundespräsident Joachim Gauck ist informiert.
Bundesverdienstkreuz für Chef von Nestlé Deutschland
Die Werbung preist sie gern als Cerealien an: diverse Frühstücksflockenprodukte in bunten Schachteln – Cornflakes, Schoko- und Honig-Pops, Zimtkissen, Crunchies usw. Natürlich, Cerealien heißt nichts anderes als Getreide, und das ist ja sicher gesund. Oder? Wenn da nur nicht der enorm hohe Zuckergehalt wäre – gerade in den Produkten für Kinder. 30 bis 37 Prozent sind es in den Kinder-Frühstücksflockenprodukten von Nestlé. Das ist mehr als in manch einem Kuchen steckt.
Ein gesunder Start in den Tag ist das mitnichten. Auf die Kritik der Verbraucherorganisation hat Nestlé reagiert – mit zwei zuckerreduzierten Produkten für Erwachsene. Und feiert sich selbst: „Mit dem Test der beiden Produkte mit geringem Zuckergehalt haben wir für Deutschland in extrem kurzer Zeit sehr viel erreicht.“ Diesen Einsatz für das Wohl der Nation will foodwatch Tribut zollen – und schlägt Berssenbrügge für das Bundesverdienstkreuz vor. Campaignerin Anne Markwardt: „Wir empfehlen, diese altruistische Leistung fürs Land gebührend zu würdigen. Das Große Verdienstkreuz erscheint dafür gerade angemessen.“
Nestlé im Kreativprozess gestört
Für einen Maximalanteil von zehn Prozent Zucker in den Frühstücksprodukten für Kinder plädiert foodwatch und fordert ein entsprechendes Gesetz. Denn: „Viel Zucker bringt viel Umsatz“, so foodwatch-Chef Thilo Bode zum Spiegel. Jedoch nicht viel Gesundheit. Nestlé hatte zwar angekündigt, den Zuckergehalt im Jahr 2013 auf 28 Prozent zu senken, dies wäre allerdings mitnichten ein großer Schritt für die Menschheit. Kein Grund zum Feiern, meint Bode, denn so viel Zucker enthalte auch Kuchen.
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Der Frühstücksflocken-Hersteller fühlt sich indes von den foodwatch-Aktionen gestört und teilte der Verbraucherorganisation mit: „Ihre Aktionen beeinträchtigen unsere Bemühungen, unser Cerealien-Sortiment kontinuierlich zu ändern oder neue Konzepte zu testen. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie uns die dazu erforderliche Zeit einräumen.“
Viel zu viel ist noch zu viel
28 Prozent Zucker statt wie bisher 30 bis 37 Prozent in Kinder-Cerealien? „Nestlé reduziert den Zuckergehalt von sehr viel zu viel auf viel zu viel – ein ausgewogenes Kinderproduktsortiment will der ach so verantwortungsbewusste Konzern auch weiterhin ganz offensichtlich nicht anbieten“, so Anne Markwardt. Dass es auch mit sehr viel weniger Zucker geht, zeigt Nestlé selbst mit seinen Produkten für Erwachsene. Doch die Kleinen werden gnadenlos attackiert mit Zuckerbomben. Deshalb fordert foodwatch Ilse Aigner, die Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, auf, ein entsprechendes Gesetz zu erlassen.
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