Im menschlichen Körper wie auch in dem vieler anderer hoch entwickelter Lebewesen ist das Enzym Glutaminase zu finden. Es ist in der Lage, Eiweiße miteinander zu vernetzen und hochwertige Proteinstrukturen aufzubauen. In unserem Körper sind acht verschiedene Glutaminasen am Werk und übernehmen Aufgaben wie beispielsweise die Blutgerinnung.
Transglutaminase ist aus einfachen Aminosäureketten aufgebaut und kann mittels Bakterienkulturen auch industriell hergestellt werden, um es zum Beispiel in der Lebensmitteltechnik einzusetzen.
Diese mikrobiellen Enzyme unterscheiden sich zwar etwas von den im menschlichen Körper aktiven Glutaminasen, verfügen aber über ähnliche Eigenschaften, die vor allem bei der Bindung und Formung von Fleisch genutzt werden.
Gut in Form und immer schön schnittfest mit Fleischkleber
Um Rohwurst, Kochschinken oder große Fleischstücke industriell besser schneiden zu können, werden sie häufig durch Transglutaminase verstärkt. Dadurch hält das Gewebe fester zusammen.
Auch um aus mehreren kleinen Fleischstücken ein ansehnlich Großes zu formen oder gleichförmige Stücke zu erhalten, sind die Enzyme häufig im Einsatz. Bestes Beispiel sind die beliebten kleinen Chicken-Snacks einer amerikanischen Fastfood-Kette.
Was bei Fleisch als Klebstoff funktioniert, klappt auch bei Fisch und das Ergebnis sind ebenmäßig geformte Stäbchen oder Fischpastete mit fester Konsistenz. Wer meint, diesen Enzymen als Vegetarier zu entgehen, irrt: Woher kommt wohl die Festigkeit und Schnittfähigkeit von Tofu?
Selbst in Milchprodukten wird zum Teil Transglutaminase eingesetzt und sorgt zum Beispiel etwa bei fettfreien Joghurts für eine gute, feste Textur und Wasserhaltevermögen, damit der Joghurt nicht im Becher vor sich hin suppt.
Gilt der Zusatz von Fleischkleber als kennzeichnungspflichtige Veränderung?
Bei der Verwendung von Transglutaminasen besteht derzeit noch keine Kennzeichnungspflicht. Formfleisch ist also nicht sofort von der Bezeichnung her als solches zu erkennen.
Transglutaminasen werden lebensmittelrechtlich als Verarbeitungshilfsmittel eingestuft. Während der Herstellungs- und Weiterverarbeitungsverfahren erfüllen sie also bestimmte Aufgaben, haben aber im Endprodukt später keine Funktionen mehr. Sie sind nach dem Erhitzen inaktiv und auch in Rohprodukten wirkungslos, wenn sie sich durch die Prozesse selbst erschöpft haben. Auch auf den Geschmack haben sie keinen Einfluss.
Da Transglutaminase sowieso regelmäßig mit dem Fleisch von Schweinen, Rindern, Geflügel und sonstigen Nahrungsmitteln verzehrt wird, argumentiert die Industrie mit einer absoluten Unbedenklichkeit für die weitere und nicht anzeigepflichtige Verwendung.
Verbraucherschützer kritisieren, dass mit Hilfe der Fleischkleber preisgünstige Fleischreste zu teuren Großstücken verklebt werden – die wunderbare Verwandlung von Restfleisch zum ‚feinen’ Steak. Wie das Verbrauchermagazin WISO recherchierte, werden sogar Fleischstücke verschiedener Tierarten zusammengefügt, um das teurere Fleisch zu simulieren.
Nach einer Informationskampagne des gemeinnützigen Verbraucherschutz-Vereins foodwatch hat das EU-Parlament für die Verwendung eines weiteren Fleischklebers, Thrombin, am 19. Mai 2010 die Zulassung verweigert.
Transglutaminase als diagnostisches Hilfsmittel
Diesem praktischen und der Effizienz dienenden Nutzen steht ein völlig anderer Anwendungsbereich der Transglutaminase entgegen, der nicht vergessen werden darf: Bei der Diagnose von Zöliakie, einer chronischen Entzündung der Dünndarmschleimhaut auf Grund einer Glutenunverträglichkeit, kann man sich auf das Vorhandensein von Transglutaminase-Antikörpern stützen.
Der Nachweis dieser Antikörper ist mittlerweile ein Diagnosestandard und einer der wichtigsten Parameter in der Bestimmung dieser immer mehr um sich greifenden chronischen Erkrankung.
© Pixel Trader Ltd. 2013 Alle Rechte vorbehalten