Es ist allen sprachbegabten Menschen zueigen, hinter offensichtlichen Abkürzungen nach dem Sinn und nach der ungekürzten Inhaltsangabe zu suchen. Vor diesem Drang nach umfassendem Verständnis ist kein Buchstabenkürzel sicher. Dafür liefern deutsche Autokennzeichen ein beredtes Beispiel. Denn selbst dann, wenn man als gebildeter und weit gereister Autofahrer sehr genau weiß, für welche Stadt oder für welchen Kreis eine ganz bestimmte Buchstabenkombination steht, verspürt man noch den Drang dazu, den ein bis drei Buchstaben eine darüber hinausgehende Bedeutung in die Felgen zu schieben. Zu welchen – meist wenig schmeichelhaften – Titulierungen dieses weit verbreitete verbale Bestreben führen kann, sei nachfolgend mit einem humorigen Augenzwinkern dargelegt.
Ohne Führerschein?
Autofahrer nehmen meist nur dann bewusst voneinander Notiz, wenn sich der eine im Straßenverkehr nicht so benimmt, wie der andere das gerne hätte. Dann wird oft und gerne nach eleganten Beleidigungen gesucht, welche dem akuten Zorn ein humoriges Ventil zum Abrauchen eröffnen. Und was wäre da besser geeignet, als ein durch das Nummernschild tradiertes negatives Stereotyp zu bemühen? Ein geschichtsträchtiges inhaltliches Beispiel dafür liefert die alte „Stammesfehde“ zwischen den gebürtigen Frankfurtern (am Main) und den aus dem nahe gelegenen Offenbach stammenden hessischen Ureinwohnern. Letztere fühlen sich nicht selten durch das „OF“ auf ihren Autokennzeichen stigmatisiert. Denn es gibt keinen automobilen Frankfurter, der bei „OF“ nicht sofort „Ohne Führerschein“ denken würde. Doch auch die Hanauer kriegen das großstädtische Selbstbewusstsein der Frankfurter auf allen vier Reifen zu spüren, wenn „HU“ mit „Hessisch Uganda“ übersetzt wird.
Wer zählt noch zur Gruppe der Geschmähten?
Wer sich ab Olpe in den Straßenverkehr einreiht, gilt als Automobilist „Ohne Erfahrung“ („OE“). Bamberger („BA“) haben dagegen als „Blutige Anfänger“ schon einen etwas besseren Status. Vor Siegburgern („SU“) muss man sich aber auch hüten, denn mit ihnen sind „Sonntagsfahrer Unterwegs“. „Achtung Bayer“ heißt es bei Aschaffenburger Kennzeichen („AB“); eine nicht ganz unbegründete Warnung, wenn man bedenkt, dass Aschaffenburg von den Bayern selbst meist noch in Südhessen geografisch gefühlt verortet wird. Wer mit Braunschweiger Kennzeichen („BS“) unterwegs ist, dem wird prophezeit, „Bald Schrott“ zu produzieren. Fast rührend dagegen mutet es an, wenn Autofahrer aus der Hansestadt Bremen („HB“) mit „Hein Blöd“ verballhornt werden. Deutlicher lässt man es da schon im Revier krachen, wo jeder „Depp“ aus Düsseldorf („D“) stammt, und „Europas Nieten“ aus dem Enneppe-Ruhr-Kreis („EN“) kommen. Aber auch medizinisch relevante Vorurteile werden gnadenlos bedient. Wilhelmshavener Autofahrer müssen ihr „WHV“ mit „Wir Hinterlassen Verletzte“ belegen lassen. Am allerschlimmsten scheint es aber die Aichacher getroffen zu haben; „AIC“ wird nämlich in kompletter Despektierlichkeit auch schon mal als „Arschloch Im Cockpit“ gelesen. Da bleibt es wirklich schwer, Gelassenheit am Steuer zu bewahren.
Natürlich müssen noch viel mehr Autokennzeichen für beißenden Spott herhalten. Dennoch wäre es gar keine gute Idee, den geknickten Autofahrerstolz mit geistigen Getränken wieder gerade rücken zu wollen. Sonst endet man womöglich „Pausenlos Besoffen“ in Paderborn („PB“). Und wer will das schon?
Weiterführender Link zum Thema „Autokennzeichen-Witze“:
KENNZEICHEN-WITZE: Woher kommen „Bereifte Mörder“?
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