Ein Sprung in das Abenteuer Elternschaft dauert Jahrzehnte und bietet immer wieder neue Überraschungen.
Wie der Bungee-Sprung beginnt auch die Elternschaft mit einem Schrei – Dem Schrei des Wesens, für das man viele Jahre die Verantwortung tragen muss, mit dem man zusammenleben muss. Mit der Geburt eines Kindes ändert sich das Leben von Grund auf. Interessen, Lebensweise, Gefühle. Die eigene Rolle definiert sich neu.
Das ist ein Abenteuer, und wie jedes Abenteuer kann es gut oder schlecht ausgehen, erfordert es Mut und Durchhaltevermögen. Es ist ein Abenteuer, ohne das die Menschheit nicht existieren würde, es geschieht täglich Milliarden Mal und ist somit nichts Ungewöhnliches. Doch für jedes Elternpaar ist es einzigartig – Ausgang offen.
Wie verändert sich die Beziehung?
Mehr noch als eine Hochzeit, die heutzutage jederzeit wieder aufzulösen ist, mit Bedingungen, die schon im Ehevertrag fixiert sein können, ist ein gemeinsames Kind eine unauflösbare Bindung. Man kann keine Kinder zurückgeben, man kann sich nicht von ihnen scheiden lassen. Und man kann sie sich nicht aussuchen.
Mutter wie Vater müssen sich in neue Rollen finden. Beide tragen nicht mehr nur Verantwortung für sich selbst, sondern für ein Wesen, das alleine nicht lebensfähig ist. Dabei gilt es, sich nicht vom Vater- oder Mutter-Sein auffressen zu lassen. nicht den Partner zu vernachlässigen. Trotz mehrfach gestörter Nachtruhe noch aufregende Geliebte oder feuriger Verführer zu sein, ist fast unmöglich.
Ein Kind bedeutet einen Ruck in jeder Beziehung. Ist sie stabil, festigt sie sich. Ist sie es nicht, kann dieser Ruck der Auslöser für eine Trennung sein. An der Tatsache der Elternschaft ändert sich dadurch jedoch nichts. Auf einmal ist man das, was man vielleicht nie sein wollte: erwachsen. So werden wie die eigenen Eltern? Undenkbar. Kein Wunder, dass der Zeitpunkt für Kinder meistens »später« ist.
Der richtige Zeitpunkt? Immer – oder nie
Es gibt eigentlich keinen richtigen Zeitpunkt. Ist man in den Zwanzigern oder davor, will man zuerst die neu gewonnene Freiheit genießen, sich austoben, Erfahrungen sammeln. Ein Kind passt nicht in diese Zeit.
In den Dreißigern arbeitet man an seiner Karriere, will vorwärts kommen, im Job etwas bewegen, sich etwas aufbauen. Da bleibt kaum Zeit für Kinder. Dafür kürzer treten oder gar die Karriere aufgeben?
Anfang Vierzig wird die Zeit knapp. Die Ab Mitte Dreißig schon fällt die Fruchtbarkeitskurve steil ab. Die Zahl der Eltern, die jetzt doch noch ein Kind wollen und dazu auf ärztliche Hilfe angewiesen sind, nimmt stetig zu. Es klappt nicht immer. Und wer Anfang Vierzig noch ein Kind bekommt, ist in den Fünfzigern, wenn dieses Kind von Grundschule in die weiterführende Schule wechselt. Klassenkameraden haben da vielleicht Eltern, die zwanzig Jahre jünger sind.
Armutsrisiko oder unschätzbare Bereicherung?
Warum werden also überhaupt noch Kinder geboren? Muss man sich wirklich dem Diktat der Gene beugen und sich reproduzieren wie die Kaulquappen? Muss man auf ein Gehalt verzichten, weil einer der Partner zu Hause bleibt oder weil es für Fremdbetreuung draufgeht, wenn beide weiter arbeiten? Ein Kind muss man sich leisten können. Von der Geburt bis zum ersten Gehalt kostet es etwa soviel wie ein Eigenheim. Kinder sind in Deutschland das Armutsrisiko Nummer 1. Und in Zeiten von Hartz IV und ständiger Krisen scheint es nicht gerade sexy, solche Risiken einzugehen. Trotzdem gibt es immer noch ein paar Wagemutige. Denken die nicht nach?
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Vielleicht nicht. Vielleicht pfeifen die Trotz-alledem-Eltern aber auch auf die Vernunft. Wie vernünftig ist es denn, sich an einem Seil zig Meter dem Boden entgegen zu stürzen?
Wer Kinder hat, besitzt auch Humor. Er braucht ihn. Kinder fördern Gelassenheit, Improvisationsvermögen, Leidensfähigkeit, Optimismus. Ohne all dieses schafft man es nicht. Zugleich zerren Kinder an den Nerven, machen dünnhäutig und ungeduldig. Ein Widerspruch? Kinder sind so. Nichts kann einen schneller zum Wahnsinn treiben als die eigenen Kinder. Und nichts treibt schneller sentimentale Tränen der Rührung oder des Stolzes in die Augen.
Jeder hat das Recht, sich für oder gegen Kinder zu entscheiden. Die Entscheidung dagegen ist meistens eine rationale, die dafür eine emotionale. Mancher, der sich in dieses Abenteuer gestürzt hat, mag es bereut haben. Andere bereuen vielleicht, das Wagnis nicht eingegangen zu sein.
Es ist wie bei jedem Abenteuer. Ob es sich gelohnt hat weiß man erst, wenn alles vorbei ist.
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