Heiraten ist absolut „in“.Obwohl nur noch ein geringer Prozentsatz der heute geschlossenen Ehen ein Leben lang hält, steht die Heirat als solche immer noch auf Platz eins der Zukunftswünsche von jungen Paaren. Dabei ist es heutzutage kein gesellschaftliches Tabu mehr, unverheiratet zusammenzuleben und sogar gemeinsame Kinder großzuziehen. Die sehr saloppe Lebenseinstellung der 68er hat ganz entscheidend dazu beigetragen, dass sich auch die Haltung der Öffentlichkeit liberalisiert hat. Die freie Entscheidung, den Bund fürs Leben einzugehen, war nicht immer den jungen Paaren überlassen, wie ein Blick in die Vergangenheit beweist.
Von „alten Jungfern“ und „ewigen Junggesellen“
Bis weit ins 20.Jahrhundert war es überhaupt keine Frage, ob man heiraten sollte oder nicht, denn es war schlicht und einfach selbstverständlich. Eine junge Frau, die mit Mitte dreißig noch unverheiratet war, galt als alte Jungfer und hatte einen schweren Stand in der Gesellschaft. Schnell wurde gemunkelt, dass doch irgendetwas an ihr nicht stimmen musste, wenn es ihr nicht gelungen war, einen Mann zu finden. Männer hatten von jeher mehr Zeit: Bei ihnen galt man erst ab Ende dreißig als etwas verschrobener Junggeselle, wenn man bis dahin noch keine Familie gegründet hatte. Ob Frau oder Mann, der Stand in der Gesellschaft war ohne gültigen Trauschein nicht einfach.
Scheidungen waren tabu
Schwierig hatten es auch diejenigen, deren Ehe unter unglücklichen Sternen, beziehungsweise Voraussetzungen, geschlossen wurde. Der Bund fürs Leben galt tatsächlich bis zum Tode einer der Eheleute und war heilig. Eine Scheidung war vom Rechtsweg zwar oft möglich, machte es aber gerade geschiedenen Frauen anschließend sehr schwer bis unmöglich, einen Stand in der Gesellschaft zu finden. Immerhin hing das Gelingen einer Ehe im Allgemeinen allein von den Fähigkeiten einer Hausfrau ab.
Heiraten für „Volk und Vaterland“
Da Scheidungen nur schwer vom Umfeld akzeptiert wurden, hatten es vor allem Frauen schwer, da in den vergangenen Jahrhunderten den Eltern oft genug die alleinige Entscheidung darüber zufiel, wen die Kinder wann heiraten sollten. Nicht selten wurden sie sogar schon kurz nach der Geburt einander versprochen. Das galt besonders in Adelskreisen und in der Landwirtschaft: Hier erhoffte man sich von der späteren Verbindung einen Zuwachs an Reichtümern für die eigene Familie. Der berühmte Spruch über das glückliche, kaiserliche Österreich, das lediglich heiratet, während andere Staaten Kriege führen, spricht Bände. Dass diese Maxime jedoch für den heutigen Alpenstaat nicht immer aufging, zeigt das Beispiel der Erzherzogin Marie-Louise, die den Kaiser Napoleon I. heiraten musste. Selbst diese Eheschließung konnte nicht verhindern, dass ihr eigener Bruder gegen den schon lange verhassten Schwager zu Felde zog.
Heute gilt: „Wo die Liebe hinfällt …“
Heiratspolitik spielt in der heutigen Zeit nur noch eine sehr unbedeutende Rolle, auch wenn Eltern oft noch ein Wörtchen bei der Partnerwahl mitsprechen wollen. Aber auch hier sind es meist die charakterlichen Eigenschaften, vor denen gewarnt, beziehungsweise, zu denen von elterlicher Seite geraten wird. Immerhin können wirtschaftliche Vorzüge nicht für eine lange Ehe sorgen, sondern eher das Gefühl des Miteinanders.
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