Es ist wirklich nicht ganz fair, dass die bekanntesten Pfadfinder (Scout) in Deutschland wahrscheinlich immer noch Entenfüße haben und unter die Gattung „kleine Erpel“ fallen. Aber mit Tick, Trick und Track, den weitestgehend vernunftbegabten Neffen von Donald Duck (mal abgesehen von ihrem Waschverhalten) haben wahrscheinlich mehr Kinder und spätere Erwachsene die Pfadfinder kennengelernt, als sich ihr Gründer Robert Baden Powell 1907 träumen lassen konnte.
Als der ehemalige General vor hundert Jahre diese Bewegung gründete, konnte er nicht ahnen, das es heutzutage wesentlich einfacher ist, die Länder aufzuzählen, die keinen eigenen Verband haben: es sind dies Andorra, die Volksrepublik China, Nordkorea, Kuba, Laos und Myanmar. Wenn man die Politik der meisten dieser sechs Länder anschaut, dann hätte ihnen etwas mehr Pfadfindergeist sicher gut getan. Die Erlaubnis, Pfadfinder zu sein, steht jedenfalls grundsätzlich Menschen aller Nationalitäten und Glaubensrichtungen zu. In Deutschland sind heute rund 260.000 Pfadfinder registriert.
Nachdem also vor 100 Jahren das erste Pfadfinderlager stattgefunden hatte, erschien nur wenig später „Scouting for Boys“, das Pfadfinderbuch, mit dem sich auch der Nachwuchs aus Entenhausen auf alle Situationen gut vorbereitet wähnt. Damit lässt sich sowohl in der Pflanzen- als auch in der Tierbestimmung sicher vorgehen, und man erfährt auch wichtige Einzelheiten für das Leben nicht nur in der freien Natur. Schon 1909 fand mit über 11.000 Teilnehmern das erste große Pfadfindertreffen statt, und es hielt für den Gründer eine grundlegende Überraschung parat: auch Mädchen waren in großer Zahl vom Pfadfindergeist angesprochen. So wurden nur kurze Zeit später die ersten Girl Guides gegründet.
Mittlerweile gibt es natürlich verschiedene Verbände, aber die Grundsätze sind im Wesentlichen gleich. Die beiden größten Organisationen kooperieren miteinander, sind aber unterschiedlich ausgerichtet. Während die World Organization of Scout Movement (WOSM, ca. 30 Millionen Mitglieder) sich als weltumspannende Erziehungsbewegung versteht, steht bei der World Association of Girl Guides and Girls Scouts (WAGGS, 10 Millionen Mitglieder) die emanzipatorische Arbeit mit dem weiblichen Nachwuchs im Vordergrund. Allerdings sind beide Gruppen mittlerweile offen für Mädchen und Jungen. Allein in Deutschland gibt es mehr als 150 Pfadfinderbünde, die in verschiedenen Ringen organisiert sind.
Pfadfindergesetz und Pfadfinderversprechen verpflichten auf gemeinsame Werte. Aber auch diese unterliegen der Veränderung. Wenn es am Anfang noch hieß, man solle „nützlich sein für die Gesellschaft, freundlich zu den Tieren und rein in Gedanken, Worten und Taten“, so strebt man heute vielmehr an „allen Menschen als Geschwister zu begegnen, eine eigene Meinung zu haben, dafür einzustehen und einfach und umweltbewusst zu leben“.
Es hat viel Charme, ein Pfadfinder oder Girl Scout zu sein. Was ließe sich auch sagen gegen den Satz, den der Gründer Baden Powell seiner Bewegung 1941 in seinem letzten Brief hinterließ: „Versucht, die Welt ein bisschen besser zu hinterlassen als ihr sie vorgefunden habt.“ Da fällt es doch nicht schwer, allzeit bereit zu sein.
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