Früher (Kindererziehung) hieß es oft: „Kinder sollen gehorchen, sie sollen spuren, wenn Erwachsene das verlangen“. Diesem Satz werden heutzutage wohl wenige zustimmen. In der konkreten Arbeit sind wir damit konfrontiert, dass es in manchen Situationen wichtig und notwendig ist, dass Kinder Grenzen einhalten und gewisse Dinge tun oder unterlassen. Wie das geschehen kann, ohne auf dem ersten Satz zu bestehen, diese Frage geht der folgende Artikel nach.
Bis vor einigen Jahrzehnten waren die Rollen klar verteilt: Erwachsene bestimmen und Kinder gehorchen. Tun sie das nicht, sind sie ungezogen, frech… und die Erwachsenen haben in ihrer Rolle als Erzieher/innen versagt und waren nicht streng genug. Kinder hatten unauffällig, bescheiden und zurückhaltend im Umgang mit Erwachsenen zu sein. Kinder heute ist dies weitgehend fremd. In viel größerem Maß als früher sagen Kinder, was sie denken, vertreten ihre Meinung, argumentieren gegen Erwachsene und fordern ein, ernst genommen zu werden.
Dieser Wandel hat sich in relativ kurzer Zeit vollzogen und deswegen ist es wenig verwunderlich, dass es vielen Erwachsenen schwer fällt, damit gut umzugehen. Gleichzeitig mit der Änderung im Selbstverständnis der Kinder sind gottseidank auch viele der bis dahin üblichen Disziplinierungsmaßnahmen (z.B. körperliche Gewalt) abgeschafft bzw. in Frage gestellt worden.
Der alte Konsens, dass Kinder zu gehorchen haben, ist weg – geblieben ist die Ratlosigkeit, wie nun damit umgegangen werden soll. So ist auch erklärbar, warum in regelmäßigen Abständen in Schlagzeilen in der Zeitung nach mehr Disziplin, Grenzen u.ä. gerufen wird. Und alle, die mit Kindern zu tun haben, müssen selbstständig nach neuen und passenden Lösungen suchen.
Oft wird man gefragt, wie man nun Kinder dazu bekommt, dass sie etwas Bestimmtes tun oder unterlassen. Leider gibt es auf diese Frage keine Antwort, auch weil die Frage falsch gestellt ist. Stellen Sie sich einmal vor, jemand redet so über Sie. Es löst Widerstand aus, weil nicht nach der eigenen Meinung gefragt, sondern die Person zu einem Objekt, an dem gehandelt werden soll, gemacht wurde. Und so geht es auch Kindern, über die so geredet wird. Sie merken, dass sie nicht als Person ernst genommen werden und reagieren deswegen ebenfalls mit Widerstand und Unwillen.
Leitet man eine Gruppe mit Kindern kann dies oft noch schwieriger sein, als bei den eigenen Kleinen. Was also kann dazu beitragen und notwendig sein, um z.b. Grenzen für Kinder klar zu machen? Als Leiter/in kann man sich nicht von vornherein darauf verlassen, dass die Kinder folgen werden, nur weil Sie Leiter/in sind. Gerade am Beginn einer Gruppe werden die Kinder – um Orientierung zu bekommen – Sie „austesten“, um zu sehen, was Sie ernst meinen, wofür Sie stehen, wo Ihre Grenzen sind und welche Regeln in der Gruppe gelten. Es ist aber auch wichtig, den Kindern zu erklären, warum eine Grenze o.ä. wichtig und notwendig ist. Das heißt für Sie als Betreuer/in und Leiter/in einer Gruppe, zwischen notwendigen Grenzen und Dingen , die auch anders laufen können, zu unterscheiden. Dass in der Gruppe niemandem wehgetan werden soll, ist eine unumstößliche Regel.
Wenn die Kinder erleben, dass Ihre Entscheidungen auf Wertschätzung und persönlicher Echtheit beruhen, dann werden sie auch bereiter sein, Wünsche und Entscheidungen von Ihnen zu respektieren. In einer Gruppe ist es nicht immer möglich, dass nur Entscheidungen gefällt werden, mit denen alle einverstanden sind. Wenn aber die Gefühle des/der Einzelnen wichtig sind und auch Äußerung von Protest und Gegenmeinungen erlaubt und erwünscht ist, fällt es Kindern leichter, Dinge zu akzeptieren, die nicht ihren Wünschen entsprechen.
Für die Kinder eine „Autorität“ zu sein, also jemand der/die wertschätzend die Leitung einer Gruppe inne hat und als solche respektiert wird, ist es ein Lernprozess, der dauert und nie abgeschlossen ist. Doch keine Sorge: Kinder brauchen keine/n perfekte/n Leiter/in, sondern jemanden, der/die sich darum bemüht.
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