Über 200 Volkgruppen sorgen für eine enorme kulturelle Vielfalt. Wer auf eigene Faust unterwegs ist, schafft nur wenige Kilometer, erlebt aber umso mehr.
Douala bis ins Westliche Grasland
„Ashia“ rufen wir fröhlich aus dem Fenster unseres klapprigen Kleinbusses. Das heißt zugleich „Guten Tag“ und „Entschuldigung, dass ich Deine Ruhe störe“. Immer passend, wenn ein mit Nägeln gespicktes Brett auf der Straße liegt. Mit dieser Fakirwaffe sorgen die zahlreichen Polizeiposten des Landes dafür, dass keiner ungestraft an ihnen vorbeikommt. Egal ob Fremder oder heimisches Taxi. Jeder muss halten, so mancher Pässe zeigen und Maut zahlen. Ansonsten droht Reifentod durch Luftentzug. Nur wir haben meistens Glück, da eine Einladung der presbyterianischen Kirche Kameruns, die an unserer Windschutzscheibe klebt, als Passierschein wirkt.
Bereits beim Verlassen unseres Ankunftsorts Douala hält uns die erste Kontrolle auf. Auf der Ausfallstraße der Hafenstadt mit 1,5 Millionen Einwohnern herrscht schon morgens dichter Verkehr. Unser Bus – zugelassen für 19 Afrikaner, genau richtig für 13 Deutsche – kriecht vorwärts. So können wir in Ruhe das geschäftige Leben am Straßenrand bestaunen.
Autoreifen türmen sich unter freiem Himmel. Lebensmittelhändler sitzen stoisch an ihren kleinen Ständen. Frisch zusammengezimmerte Betten lauern im Staub auf Kunden wie die Schlange auf Beute. Dazu gesellen sich braune Polstersessel gegen die unser Gelsenkirchener Barock grazil wirkt. Diese imposanten Sitzgelegenheiten treffen wir später selbst in kleinsten Hütten wieder. Ein Symbol für Wohlstand und Gemütlichkeit.
Von solch bequemen Möbeln können wir auf unserer Tagestour ins westliche Grasland – so heißen die Provinzen West und Nordwest – nur träumen. Schüttel dich und Rüttel mich heißt das Spiel auf Afrikas Straßen. Auf so mancher Schlaglochpiste brauchen wir für 20 Kilometer eine Stunde. Moses, unser Fahrer aus Douala, meistert solch kleine Unebenheiten jedoch mit Bravour und Slalomfahren. Wir üben uns in Geduld. Zeit gehört hier ins Reisegepäck. Und Lust auf Afrika abseits vom Grzimek-Flair.
Statt Savanne und Safari, die es im Norden gibt, erwartet uns im Westen grünes Hügelland mit Bergen von Schweizer Format. Die fruchtbare Region gehört zu den dichtest besiedelten Gebieten im 17-Millionen-Staat. Zwischen hellgrünen Bananen und silbrigem Palmengrün streuen sich jede Menge Lehmhäuser mit Wellblechdach. Dazwischen leuchtet jede Menge Grasgrün, auf dem bucklige Rinder weiden. Ein Vorhang aus Bambus öffnet den Blick auf einen tosenden Wasserfall. Soviel Feuchtigkeit noch vor der Regenzeit.
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