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Wirtschaftswachstum:

Griechenlands Wirtschaft existiert

Es ist ruhig geworden um Griechenlands Wirtschaft. Dennoch investieren deutsche Firmen in dem Land, dass seit Jahren in der Schuldenkrise steckt.

Deutsche Firmen investieren in die Wirtschaft von Griechenland.

Wirtschaft: Deutschland ist weiterhin der wichtigste Handelspartner von Griechenland. Bild: © fotolia.de

Wie steht es eigentlich gerade um die Wirtschaft in Griechenland? Mit einem verständnislosen Achselzucken und dem Hinweis: „Pardon, welche Wirtschaft!?“ quittieren aktuell vermutlich nicht wenige Deutsche diese Frage. Schließlich ist die offizielle Beantragung von EU-Hilfen durch Griechenland im April 2010 Vielen noch gut in Erinnerung. EU und IWF beschlossen in der Folge zwei Hilfspakete mit einem Volumen von bislang insgesamt 237,3 Milliarden Euro. Doch so sehr die Existenz eines validen Handelsverkehrs zwischen Deutschland und Griechenland auch angezweifelt wird, so real und intensiv ist der Import und Export von und nach Griechenland derzeit allerdings tatsächlich.

„Deutschland ist weiterhin der wichtigste Handelspartner Griechenlands“, sagt Ilja Nothnagel Außenwirtschaftsexperte des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) und erklärt: „Chemische Produkte, Elektronik und elektronische Produkte sowie Nahrungsmittel „Made in Germany“ sind in Griechenland gefragt. Nahrungsmittel stehen aber auch bei den Importen aus Griechenland ganz oben auf der Liste – gefolgt von chemischen Produkten und Metallen“. In der Rangliste der für deutsche Unternehmen wichtigsten Handelspartner steht Griechenland aktuell auf Platz 38 der Rangfolge, noch vor Irland oder Slowenien. Diese Liste führen im Bereich Export Frankreich und die USA an, beim Import sind die Niederlande und China Spitzenreiter. Doch geht es beim Handel mit Griechenland schon lange nicht mehr nur um den Im- und Export: Knapp 160 deutsche Unternehmen investieren aktiv in den Standort Griechenland und sind mit 35.000 Mitarbeitern direkt vor Ort aktiv. Insgesamt generieren diese deutschen Firmen einen jährlichen Umsatz von 9 Milliarden Euro auf griechischem Boden. Von absolutem Stillstand, totem Im- und Export oder sogar nicht vorhandener Wirtschaft kann also nicht die Rede sein.

Dennoch gilt: Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Situation in Griechenland sind die Ausfuhren Deutschlands in das Land seit 2009 deutlich zurückgegangen. „Die tiefe Rezession hat Griechenland als Absatzmarkt für deutsche Unternehmen etwas in den Hintergrund gerückt“ meint Ilja Nothnagel. „Die umfassenden Reformen und die erheblichen Erfolge bei der Restrukturierung der staatlichen Haushalte beginnen sich jedoch auszuzahlen.“ Die aktuellen Zahlen für 2013 lassen auf eine leichte Belebung in den letzten Monaten schließen. Griechenland gewinnt in puncto Wettbewerbsfähigkeit dazu. „Daher sollten die Reformen fortgesetzt und konsequent umgesetzt werden, damit sich die Standortbedingungen auch nachhaltig verbessern. Fortschritte sind bei den Privatisierungen nötig. Nach wie vor berichten die Unternehmen von einem schlechten Kreditzugang und sehr hohen Zinsen“ kritisiert der DIHK-Außenwirtschaftsexperte.

Welche Firmen investieren in Griechenland?

Zu den bekannten deutschen Unternehmen, die in Griechenland investieren, gehören neben der Allianz, die mit einer Kapitalerhöhung von 134 Millionen Euro ihre Tochtergesellschaft in Griechenland unterstützt hat, auch die Firma Robert Bosch, die 30 Millionen in Griechenland investiert, Siemens Hellas (mit 114 Mio. Euro) sowie das Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim, das unlängst 24 Millionen Euro investierte.

Letzteres ist übrigens auch das einzige internationale Pharmaunternehmen mit Produktionsstätte in Griechenland und unterstützt so die griechische Industrie. „Boehringer Ingelheim Ellas“ verfügt dabei laut Homepage über 342 Mitarbeiter (Durchschnitt 2012) und einen Umsatz von 100 Millionen EUR. Trotz Finanzkrise und der damit einhergehenden Situation auf dem Pharmamarkt stehe steht das Unternehmen weiterhin hinter seiner griechischen Produktionsstätte. Allerdings ist auch die Situation im griechischen Gesundheitswesen derzeit alles andere als einfach. Das Memorandum der Troika aus EU-Kommission, IWF und EZB verpflichtet die griechische Regierung dazu, die öffentlichen Arzneimittelausgaben zu senken. Daraus folgen mittelbar Preiskürzungen für Medikamente oder eine Liste, welche die Zahl der Medikamente, die von der Sozialversicherung erstattet werden, beschränkt. Auch der Marktanteil der Generika steigt, also eben jener Arzneimittel, die eine wirkstoffgleiche (meist preisgünstigere) Kopie eines Medikaments darstellen, das bereits unter einem Markennamen am Markt positioniert ist. Neben diesen Maßnahmen nennt Boehringer Ingelheim auch die schlechte Zahlungsmoral im griechischen Gesundheitswesen als großes Problem: „Die Schulden des staatlichen griechischen Gesundheitsdiensts EOPYY belaufen sich zusammen mit denen der öffentlichen Krankenhäuser gegenüber der Pharmaindustrie auf 2 Milliarden Euro“. All dies führe „zu einem extrem unbeständigen und schwierigen Marktumfeld“ so das Unternehmen.

Besser sieht es da schon im Bereich Tourismus aus. So äußert sich die private Fluggesellschaft Air Berlin, die in Bezug auf Griechenland durchaus optimistisch: „Die griechischen Urlaubsziele haben sich in diesem Sommer wieder sehr positiv entwickelt und wir erwarten, dass sich die positive Entwicklung des Tourismus nach Griechenland im kommenden Sommer weiter fortsetzt“ freut sich Pressereferentin Janina Zitz. Dieser Einschätzung der Situation ist die Airline dann auch gleich mit dem weiteren Ausbau des Flugprogramms gefolgt: „Wir bieten im kommenden Sommer 2014 insgesamt bis zu 170 Flüge pro Woche von Air Berlin und NIKI aus Deutschland, Österreich und der Schweiz nach Griechenland an.“ Damit ist klar: Der griechische Tourismus leidet also offenbar nicht unter der Krisensituation und kann somit seinen Teil dazu beitragen, der heimischen Wirtschaft  wieder etwas auf die Beine zu helfen.

Griechenlands Wirtschaft soll 2014 wieder wachsen

Dennoch sieht die Gesamtsituation gerade alles andere als rosig aus: Die Wirtschaft Griechenlands weist für 2013 ein Negativwachstum von vier Prozent aus. Die große Schuldenlast und der nahezu ausgetrocknete Bankensektor wiegt schwer. Deswegen sieht die DIHK die Verbesserung der Standortbedingungen für griechische Unternehmen selbst als wichtigsten Schritt bei den Reformmaßnahmen an. “Hier hat sich einiges getan. Beispiel Liberalisierung: 20 wirtschaftlich besonders bedeutsame Berufsgruppen – darunter Rechnungsprüfer, Rechtsanwälte und Touristenführer werden liberalisiert“, betont Außenwirtschaftsexperte Nothnagel und fährt mit dem Beispiel Arbeitsmarkt fort: „Das Lohnverhandlungssystem ist flexibler geworden – etwa indem Firmentarifverträge aufgewertet wurden und die Betriebe freier über Arbeitszeiten entscheiden dürfen. Damit lässt sich in Krisenzeiten das Arbeitsvolumen reduzieren, ohne dass Firmen gleich Mitarbeiter entlassen müssen. Auch an Verbesserungen im Zollwesen wird gearbeitet, hier gibt es aber noch Nachholbedarf.“

Es bleibt abzuwarten, wie sich die griechische Wirtschaft in naher Zukunft entwickelt. Insgesamt ist der Ausblick auf das kommende Jahr allerdings positiv: Die griechische Volkswirtschaft wird 2014 wieder wachsen.

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