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Straßenstrich:

Italienische Bürgermeister fordern Freudenhäuser

Das Bordellverbot soll nach 55 Jahren aufgehoben werden, um dem Straßenstrich erfolgreich zu begegnen. Die Prostitution könnte die leeren Kassen auffüllen.

Prostituierte in Italien sollen nicht länger auf dem Straßenstrich stehen.

Bürgermeister in Italien möchten den Straßenstrich in offizielle Freudenhäuser verlegen. Bild: © picture alliance / dpa

Der geschätzte Umsatz ist enorm: Auf bis zu 5,6 Milliarden Euro jährlich werden die Beträge geschätzt, die in Italien von Freudenmädchen „angeschafft“ werden. Und dies, obwohl im Lande seit 1958 Bordelle verboten sind, und der meiste Verdienst im Straßenstrich „verdient“ wird. Und genau gegen diese Straßenprostitution ziehen nunmehr vom Veneto bis in die Abruzzen viele Bürgermeister zu Felde: In einer breit angelegten Aktion fordern sie die Wiedereinführung der „Case chiuse“ (der geschlossenen Häuser); sie wollen die Dirnen weg haben von den Straßen und Stadträndern, sie wollen „kontrollierte“ Liebesdienste – und erhoffen sich nebenher auch gute Steuereinnahmen.

20 Prozent sind Minderjährige

Die amtlichen Statistiken, es sind aber Schätzwerte, sagen, dass es in Italien rund 70.000 Prostituierte gibt; davon sind 50 Prozent Ausländerinnen  – und beachtliche 20 Prozent Minderjährige. Sie haben im Schnitt jährlich neun Millionen italienische und etwa 2,5 Millionen ausländische Freier; beispielsweise Touristen oder Geschäftsreisende. Diese oft liebevoll „lucciole“ (Glühwürmchen) genannte Liebedienerinnen – sie tragen abends und nachts kleine Lichtchen mit sich, um erkannt zu werden  – sind zu 65 Prozent auf der Strasse tätig; 35 Prozent hingegen in Privatwohnungen oder versteckt gehaltenen Appartements. Und sage und schreibe 80 Prozent verschmähen Präservative, werden somit auf Zeit zum Gesundheitsproblem.

Hygiene und Sicherheit als Argument

Angesichts dieser Entwicklungen fordern die Bürgermeister in ihrer Kampagne ein Umdenken. Nicht wenige haben inzwischen ihre Bereitschaft erklärt, in ihrer Gemeinde ein offizielles Bordell zu genehmigen. Wie beispielsweise Angela Colmellere, Bürgermeisterin in der Kommune Miane in der Provinz Treviso. Denn so könnte für Hygiene gesorgt werden, für Sicherheit und Freiheit der Mädchen, Freiheit von allem gegenüber brutalen Zuhältern. Und außerdem könne mit den Steuereinnahmen die Stadtkasse gefüllt werden.

Das Verbot kam 1958

Bordelle, schon unter dem Diktator Benito Mussolini verboten,  waren nach dem Krieg wieder geöffnet worden. Doch auf Betreiben der Senatorin Lina Merlin wurden sie 1958 wieder verboten; bis zum heutigen Tage. Auch wenn es immer wieder Bestrebungen gegeben hatte, diese „Lex Merlin“ aufzuheben. Aber es gab auch gegenläufige Bestrebungen. So wollte Mara Carfagna, Gleichstellungsministerin in der damaligen Regierung Berlusconi, im September 2008 auch die Straßenprostitution verbieten lassen. Bei „Zuwiderhandlung“ sollten nicht nur die Nutten, sondern auch ihre Freier bestraft werden. Das hatte höhnisches Echo Zur Folge: Denn die Ministerin war vor ihrer politischen Karriere als Nacktmodell und Show-Girl in Berlusconis Fernsehsendern bekannt geworden.

Für ihr Referendum sammeln die Bürgermeister nunmehr Unterschriften, um das Bordellverbot in Italien nach 55 Jahren aufzuheben. Sie brauchen 500.000 Parteigänger.

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Über Klaus J. Schwehn

Nach 25 Jahren spannender Tätigkeit als Parlamentskorrespondent in Bonn (Badische Zeitung, Die Welt, Berliner Tagesspiegel) lebe ich heute in Oberitalien. Meine Arbeitsschwerpunkte sind Politik und Gesellschaft in Italien und Deutschland; aber auch Fragen der Europäischen Union.