Wer kennt sie nicht – die Geschichten und Bilder von Mondsüchtigen, die nachts mit leerem Blick auf dem Dachfirst dem Mond entgegen balancieren. Zwar schlafwandeln relativ viele Menschen und sind dabei mitunter auch draußen unterwegs. In der Regel aber nicht auf dem Weg zum Mond, die meisten verlassen auch nicht das Haus, nicht mal das Zimmer. Das Schlafwandeln dauert auch nur einige Minuten, selten mehr als eine halbe Stunde. Die Schlafstörung ist nicht halb so unterhaltsam, wie sie oft dargestellt wird. Und auch kein allzu großes Problem, wenn man geschickt damit umgeht.
Halb schlafend, halb wach
Das Problem beim Schlafwandeln ist das unvollständige Aufwachen – die Muskulatur ist wach, ein Teil des Gehirns auch. Das reicht für die ein oder andere Handlung, ernsthaft zielgesteuert oder gar logisch sind diese aber nicht. Viele Schlafwandler sitzen gelegentlich einfach nur im Bett und starren verwundert zu Decke, Wand oder Fenster. Und legen sich anschließend still und leise wieder zum Schlafen hin. Andere führen in der Nacht Gespräche, gerne auch mit den Bettpartnern. Sie antworten dann zwar durchaus auch sinnvoll, meist aber verwaschen. Auch hier ist der Spuk meist nach kurzer Zeit vorbei.
Dann gibt es aber noch die Schlafwandler, die tatsächlich das Bett verlassen. Sie machen sich auf den Weg zum Licht – früher war das in der Regel der Mond, daher auch die Bezeichnung „mondsüchtig“. Heute ist das Ziel der Reise meist eher eine elektrische Lichtquelle. Das Wandern auf dem Dachfirst gen Mond war auch früher die Ausnahme, jetzt ist es sehr unwahrscheinlich. Auf dem Weg zum Licht erledigen manche Schlafwandler auch durchaus Dinge: abwaschen, Kühlschrank plündern, Wäsche falten. Außer der Tatsache, dass die Nachtarbeiter morgens etwas weniger erholt sind, passiert auch hier in der Regel nichts. Und nur an den Ergebnissen der Nachtarbeit können sie sehen, dass sie sich die Beine vertreten haben, als andere schliefen. Erinnern können sie sich in der Regel nicht.
Wenn Schlafwandeln gefährlich wird
Wenn schlafwandelnde Menschen mit Feuer hantieren, kochen, elektrische Geräte benutzen oder ins Auto steigen, kann es mitunter dumm enden. Aber auch das sind eher Einzelfälle. Das Schlimmste, was einem Schlafwandler passieren kann sind die Mitmenschen. Wenn diese, besonders weil sie vor gefährlichen Situationen warnen wollen, schreien, den Schlaftrunkenen anfassen oder wecken wollen, erschrecken sich diese. Und da sie sich eigentlich im Bett wähnen, reagieren sie meist schreckhaft – erst dann passieren Missgeschicke. Das kann im Einzelfall sogar dazu führen, dass die Geweckten handgreiflich werden, weil sie sich bedroht fühlen. Auch das nur Einzelfälle – sie treten in der Regel nur bei denjenigen auf, die auch im wachen Zustand eher zu körperlichen Rangeleien neigen.
Die schlafwandlerische Sicherheit gibt es nicht
Schlafwandler haben eine schlechte Orientierung. Sie streben dem Licht zu, immer auf direktem Weg. Befinden sich auf diesem Möbel oder Teppichkanten kann es gefährlich werden. Oder wenn der Weg endet, an einer Treppe zum Beispiel. Hier setzen auch die Vorsichtsmaßnahmen an, denn eine wirksame Therapie gegen Schlafwandeln gibt es nicht. Es kann helfen, nachts eine Lichtquelle im Zimmer einzuschalten und den Weg dahin freizuräumen. Auch das Abpolstern von Möbelecken kann im Einzelfall Verletzungen verhindern. Offene Fenster oder Balkontüren sind auch nicht so günstig, auch die Wohnungstür bleibt besser verschlossen, ohne Schlüssel im Schloss. Ansonsten gibt es nichts weiter zu tun als die Nachtgänger vorsichtig ins Bett zurück zu bringen, ohne sie zu wecken.
Schlafwandel wächst sich meist aus
Kinder schlafwandeln relativ häufig – Forscher gehen davon aus, dass zwischen zehn und 30 Prozent aller Kinder mindestens einmal im Leben nachts unterwegs sind. Das Phänomen tritt das erstmals oft zwischen dem vierten und sechsten Lebensjahr auf und verliert sich meist bis zur Pubertät. Erwachsene Schlafwandler sind dann schon eher selten – geschätzt ein bis sieben Prozent der Bevölkerung. Warum das so ist, ist nicht bekannt. Mediziner zählen das Phänomen zu den Parasomnien – Störungen, bei denen der Schlaf durch plötzliche Ereignisse unterbrochen wird. Schlafwandeln findet meist in der ersten Nachthälfte statt, immer in einer Tiefschlafphase. Diskutiert wird eine erbliche Veranlagung. Tatsächlich ist die Chance auf nächtliche Streifzüge um das Zehnfache erhöht, wenn die Schlafstörung in der Familie schon bekannt ist.
Dass häufig Kinder betroffen sind, könnte daran liegen, dass deren Zentralnervensystem noch nicht ausgereift ist. Was gleichzeitig der Grund ist, warum die Schlafstörung meist mit der Pubertät verschwindet.
Erwachsene, die das erste Mal schlafwandeln, sollten allerdings einen Arzt aufsuchen. So harmlos in allen anderen Fällen die nächtliche Vorliebe ist – in diesem Fall könnten Erkrankungen oder Medikamente dahinter stecken.
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