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Apoptose:

Mundwasser animiert Krebszellen zum Selbstmord

Auf der Suche nach neuen Wirkungen bekannter Stoffe sind Forscher auf handelsübliches Mundwasser aufmerksam geworden: Es tötet Krebszellen.

Ein Mann spült seinen Mund mit Mundwasser.

Nebenwirkung: die Wirkstoffe Chlorhexidin und Alexidin im Mundwasser bekämpfen auch Krebszellen. Bild: © fotolia.de

Wie war das noch gleich mit den zufällig entdeckten Wirkstoffen? Auch gewöhnliches Mundwasser könnte sich in diese Sparte einreihen und zu so großen Namen wie Penicillin gesellen, nur, dass sich die Mundspülung offenbar sogar gegen Krebszellen stark macht. Denn wie Wissenschaftler von der Universität Leipzig, dem Max-Planck-Institut für Biochemie, dem Center for Integrated Protein Science in München, dem Helmholtz-Zentrum München, der Technischen Universität München sowie der ETH Zürich in der Zeitschrift „Angewandte Chemie“ berichteten, verstärken orale Desinfektionsmittel den programmierten Zelltod von Tumorzellen im Mund.

Effekt bei Krebserkrankungen im Mund- und Rachenraum

Der programmierte Zelltod, in der Fachsprache Apoptose genannt, wird durch die Wirkstoffe Chlorhexidin und Alexidin verstärkt. Diese wurden jedoch nicht eigens gegen Tumorerkrankungen entwickelt, sondern sollen als Bestandteil handelsüblicher Mundspülungen eigentlich nur den Bakterien im Mund und Rachen den Kampf ansagen. Die weitreichendere Wirkung und der positive Effekt bei Krebserkrankungen wurde jetzt von einem Forscherteam um Thorsten Berg von der Uni Leipzig entdeckt. Doch ganz dem Zufall war das Vorhaben natürlich nicht überlassen. Vielmehr vermutete das Forscherteam, dass viele bereits zugelassene Wirkstoffe noch zusätzliche, positive Effekte entfalten könnten, die in dieser Art nicht geplant waren. Als Beispiel sei nur das Kopfschmerzmittel Aspirin genannt, dass neben seiner eigentlichen Aufgabe auch in der Therapie von Thrombose verabreicht wird, um das Blut der Patienten zu verdünnen. Einen ähnlichen Weg hat nun auch das Mundwasser vor sich, besser, dessen beiden Wirkstoffe Chlorhexidin und Alexidin.

Gezielte Suche nach einem Wirkstoff

Für die menschliche Gesundheit ist das Zusammenspiel zweier Proteine besonders wichtig. Vereinfacht ausgedrückt ist dies zum einen das BAD-Protein, das den Zelltod im Körper auslöst sowie dessen Gegenspieler, das Bcl-xL-Protein, das den Zelltod bremst. Alleine die Wechselwirkung dieser beiden Proteine steuert den programmierten Zelltod. Um diese Proteine zu beeinflussen, machten sich die Forscher gezielt auf die Suche nach einem Wirkstoff und testeten dafür über 4.000 bereits zugelassene Substanzen. Tatsächlich landete man mit Chlorhexidin und Alexidin einen Treffer, wo man ihn vielleicht nicht vermutet hatte, im Mundwasser. Die Apoptose in Tumorzellen ist deutlich verringert, das heißt die Krebszellen sterben nicht ab, sondern wuchern immer weiter. Die Wirkstoffe aus dem Mundwasser konnten die Apoptose allerdings verstärken und trieben die Krebszellen sozusagen in den Selbstmord. Die Wirkung an den Krebszellen fiel dabei deutlich stärker aus als bei gesunden Zellen. Natürlich sind noch einige weitere Forschungen nötig, doch ist mit dieser Erkenntnis eine mögliche neue Therapie gegen Mund- und Rachenkrebs in greifbare Nähe gerückt.

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Über Stephan Lenz

Stephan Lenz studierte Philosophie, Soziologie und Anglistik an der Universität Mannheim. Es folgten schriftstellerische Fortbildungen und die freiberufliche Arbeit als Autor und Journalist. Neben unzähligen Artikeln in diversen Magazinen, veröffentlichte er Prosa im Charon Verlag, Hamburg, sowie im Wortkuss-Verlag, München. Er gehört seit vielen Jahren zum festen Stamm der Redaktion des Artikelmagazins.