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Fortpflanzung:

Forscher züchten neue Penicillin-Pilze

Nach über 100 Jahren stellt sich nun heraus, dass sich Penicillin-Pilze nicht nur über Sporen vermehren können, sondern auch geschlechtlich.

Eine Wissenschaftlerin untersucht im Labor ein paar Proben.

Wissenschaftlerin im Labor: Die Penicillin-Forschung ist einen wichtigen Schritt weiter. Bild: © fotolia.de

Schon bevor das Penicillin durch Zufall entdeckt wurde ging man davon aus, dass sich der verantwortliche Schimmelpilz „Penicillium chrysogenum“ ausschließlich über Sporen vermehren würde. Nach über 100 Jahren fand man nun heraus, dass der Pilz auch über einen Sexualzyklus verfügt, also zwei Geschlechter besitzt. Dies ist das Ergebnis eines internationalen Forscherteams um Professor Dr. Ulrich Kück und Julia Böhm vom Lehrstuhl für Allgemeine und Molekulare Botanik der Ruhr-Universität. Der Artikel der Wissenschaftler wurde in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „PNAS“ veröffentlicht. Doch was bedeutet diese Erkenntnis nun für die Produktion des Penicillins?

Geschlechtliche Vermehrung eröffnet neue Möglichkeiten

Durch eine geschlechtliche Vermehrung des „Penicillium chrysogenum“ können die Forscher Pilze mit ganz neuen Eigenschaften züchten. Beispielsweise ließe sich die Penicillin-Produktion der Pilze erhöhen, während das verunreinigende Nebenprodukt „Chrysogenin“ reduziert werden könnte. Vor allem im Hinblick darauf, dass der Schimmelpilz die einzige Quelle für Penicillin darstellt, bedeutet der Einfluss auf dessen Fortpflanzung einen kleinen Durchbruch. Besonderes Interesse dürfte auch die Pharmaindustrie an der Erkenntnis hegen, so besitzt das Antibiotikum Penicillin doch einen jährlichen Marktwert von rund sechs Milliarden Euro.

Dunkelheit, Sauerstoffmangel und Vitamine sind verantwortlich

Eine geschlechtliche Vermehrung ist nicht nur bei Menschen, Tieren und Pflanzen möglich, sondern auch bei bestimmtem Pilzen und Algen. Der Vorteil der geschlechtlichen Fortpflanzung besteht in erster Linie darin, dass die Gene beider Paarungspartner kombiniert werden können, wodurch neue Eigenschaften entstehen. Geschlechtliche Pilze sind jedoch eher die Ausnahme und nicht die Regel. Denn die meisten Pilze verbreiten sich über Sporen, die sich beispielsweise als weißer, grüner oder schwarzer Belag auf verdorbenen Lebensmitteln zeigen. Diese Sporen tragen allerdings nur die Gene eines einzelnen Elternpilzes in sich. „Wir haben bereits vor fünf Jahren die Existenz sogenannter Geschlechtsgene bei Penicillium chrysogenum nachgewiesen“, erklärt Professor Kück. Jedoch habe das Forscherteam nun die Umstände aufgedeckt, unter denen sich der Pilz tatsächlich geschlechtlich fortpflanzt. Damit die Nachkommen des Pilzes neue Eigenschaften zeigten, musste die Kultur im Dunkeln gezüchtet werden und zwar bei einem Sauerstoffmangel und einem Zusatz des Vitamins Biotin.

Auch andere Pilze könnten ähnlich reagieren

Der Schimmelpilz verfügt über ungefähr 12.000 Gene, deren Aktivität mit speziellen Analyseverfahren untersucht wurde. Im Ergebnis zeigte sich, dass eben jene Geschlechtsorgane für die Änderung der Eigenschaften wie zum Beispiel der Penicillinproduktion verantwortlich waren.  Wie Professor Kück erklärte, vermutet man nun, dass sich die Erkenntnis möglicherweise auch auf andere Schimmelpilze übertragen ließe. So könnte man beispielsweise auch Pilze wie „Penicillium citrinum“ und „Aspergillus terreus“ beeinflussen, die beide cholesterinsenkende Wirkstoffe produzieren. Unterm Strich ist die Erkenntnis von großer Bedeutung für die Arzneimittelproduktion.

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Über Stephan Lenz

Stephan Lenz studierte Philosophie, Soziologie und Anglistik an der Universität Mannheim. Es folgten schriftstellerische Fortbildungen und die freiberufliche Arbeit als Autor und Journalist. Neben unzähligen Artikeln in diversen Magazinen, veröffentlichte er Prosa im Charon Verlag, Hamburg, sowie im Wortkuss-Verlag, München. Er gehört seit vielen Jahren zum festen Stamm der Redaktion des Artikelmagazins.