Teilen hat in den letzten Jahren wieder mehr Prestige bekommen. Was seit Jahren beim Carsharing, Couchsurfing oder lokalen Tauschringen Alltag ist, geht nun auch mit Essen. Seit dem 12. Dezember 2012 ist foodsharing.de im Netz, ersonnen von Menschen aus Köln. Die Plattform sorgt dafür, dass weniger Lebensmittel weggeworfen werden, indem man sie weitergibt – der ideale Treffpunkt für Essensretter.
Viel zu viel Essen landet auf dem Müll
In Deutschland werden jährlich 15 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen – zwei Drittel davon könnte man noch essen. Würde man diese Menge auf Lastwagen laden, reichten sie aneinander gereiht von Berlin nach Peking. Und wenn all das, was in Europa an noch essbaren Nahrungsmitteln vernichtet wird, auf dem Teller aller Hungernden weltweit landen würde, hätten diese zwei Mal zu essen. Im Dokumentarfilm „Taste the waste“ erzählt Valentin Thurn noch mehr ganz und gar geschmacklose Fakten. Über 120.000 Kinozuschauer sahen 2011, wie Deutschland mit seinen Nahrungsmitteln umgeht. Nach der medialen Aufrüttelung kommt nun die praxisnahe Umsetzung, Valentin Thurn und Sebastian Engbrocks ersannen sie. Über Crowdfunding sammelten die Macher und ihr Team das Startkapital, die benötigte Summe von 10.000 Euro war schnell zusammen – am 12.12.2012 startete foodsharing.de.
Was will die Plattform foodsharing erreichen?
Mittels foodsharing.de sollen überschüssige Lebensmittel weitergegeben werden. Privatpersonen sind willkommen, aber auch Händler und Produzenten. Die angebotenen Nahrungsmittel sind kostenlos und werden selbst abgeholt. Die Anbieter haben nach einer Party etwas übrig oder weil sie in den Urlaub fahren. Bäckereien haben zu viel gebacken und Supermärkte haben noch Sachen, deren Verbrauchsdatum ins Haus steht. Auch Gärtner werden hier fündig. All diese Menschen können nämlich auf der Plattform das überschüssige Essen anbieten. Mit Glück holt jemand was ab oder kommt in den Garten, um Obst und Gemüse zu ernten und dann zu verbrauchen.
Es ist auch möglich, sich mit Gleichgesinnten zu verabreden. Die meisten Nahrungsmittel landen nämlich in Singlehaushalten im Müll – das lässt sich verhindern, indem Besuch zum Kochen und Essen kommt.
Ganz nebenbei soll das Essen wieder den Stellenwert bekommen, den es eigentlich verdient, denn Lebensmittel werden unter großem Kraft- und Energieaufwand hergestellt. Es sollte daher selbstverständlich sein, sparsam und sorgsam damit umzugehen.
Wie funktioniert das Foodsharing?
Um bei foodsharing.de mitzumachen, muss man angemeldet sein. Es gibt einzuhaltene Etikette, darüber hinaus umfangreiche Informationen über das richtige Aufbewahren von Lebensmitteln. Beim Weitergeben von Essen ist gesunder Menschenverstand hilfreich und die Regel: „Nichts an andere weitergeben, was man selbst nicht mehr essen würde“. Die Nutzer von foodsharing.de bezahlen nichts, sie dürfen arm oder reich sein, alt oder jung und auch jeder Religion angehören – einzig wichtig ist, dass man Nahrungsmittel nicht wegwerfen möchte.
Wenn Lebensmittel übrig sind, erscheinen auf der Plattform sogenannte Essenskörbe – mit einem Klick kann man sehen, was sie enthalten und wo sie stehen. Mit einem elektronischen Ticket kann man sich den Inhalt sichern und fährt entweder dorthin, um die Lebensmittel abzuholen oder trifft sich unterwegs – zum Beispiel an vorgeschlagenen Hotspots. In einigen Städten gibt es auch Essensschränke, in denen überschüssige Nahrungsmittel angeboten werden oder bestellte Essenskörbe zum Abholen bereit stehen. Anschließend bekommt der Essenskorb eine Bewertung. Schwarze Schafe werden auf diese Weise, wie in allen Gemeinschaften, schnell sichtbar.
Es dürfte auch unter „gesunder Menschenverstand“ fallen, dass niemand für drei Äpfel hunderte Kilometer fährt, verboten ist es aber nicht. Den Haupteinsatzbereich sehen die Macher aber in der näheren Umgebung.
Und wie sieht die Zukunft von foodsharing.de aus?
Zwei Wochen nach dem Start der Plattform staunen selbst die Erfinder – fast 3.000 Essensretter haben sich bereits registriert und 275 Kilogramm Essen vor dem Müll bewahrt! Täglich melden sich mehr Interessierte.
In Köln legt man sich wegen des Erfolges aber nicht auf die faule Haut. Eine App für Smartphones ist geplant, damit man auch unterwegs Nahrungsmittel retten kann beziehungsweise informiert wird, wenn in der Umgebung ein Essenskorb angeboten wird. Auch gibt es Pläne für eine internationale Erweiterung, erst in Richtung Schweiz und Österreich, dann auch ins nicht deutschsprachige Ausland. Um mehr Menschen zu erreichen, ist auch analoge Werbung geplant – mit Plakaten und Flyern zum Beispiel. Und natürlich freut sich das Team immer über Geld – als Einzelspende oder per Fördermitgliedschaft. Damit wird die Plattform weiter ausgebaut – damit noch mehr Menschen noch mehr Essen retten können.
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