Nicht nur mangelhafte Brandschutzmaßnahmen, deren katastrophale Folgen 2012 in Karatschi (Pakistan), in Dhaka (Bangladesh), und in einer chinesischen Unterwäschefabrik in der Provinz Guangdong sichtbar wurden, stehen auf der Sündenliste der Textilindustrie.
Schon 1998 fand der Naturschutzbund NABU in seinem Mitgliedermagazin Naturschutz heute klare Worte: „Die Textilindustrie zählt zu den weltgrößten Umweltverschmutzern.“
Zwar gibt es schon seit einigen Jahren Bestrebungen, die Produktionskette ökologischer zu gestalten, wie etwa die im Internationalen Verband der Naturtextilwirtschaft vereinten Hersteller und Händler zeigen.
Doch bei der Produktion der meisten Textilien werden nach wie vor viele gefährliche Gift- und Farbstoffe eingesetzt – und die betreffen uns hierzulande genauso wie die Arbeiterinnen und Arbeiter in den Textilwerken: krebserregendes Dichlormethan, das Antischimmelmittel DMF, Chrom, Azofarben, Chlorgas und Formaldehyd – die Liste gesundheitsgefährdender Substanzen, die in der Textilindustrie eingesetzt werden, ist lang.
Reichern Sie sich über Jahre im Körper an, können sie Allergien, Nervenerkrankungen und möglicherweise sogar Krebs verursachen, fasst der bei ARTE gezeigte Film „Schick aber schädlich – Kleidung, die krank macht“ (2010) die Situation zusammen.
Wir fasten, um unseren Körper von vermeintlichen Schlacken zu reinigen und praktizieren Detox, um unseren Körper zu entgiften. Gekauft wird Bio, um die Nahrungsschadstoffe auf ein Minimum zu reduzieren.
Und doch gibt es eine Schadstoffquelle, mit der wir es täglich zu tun haben und die erstaunlicherweise noch nicht so im Fokus steht, wie es eigentlich nötig wäre. Die Rede ist vom Kleiderschrank, der uns unsere tägliche Schadstoffdosis zum Anziehen liefert.
Eine Untersuchung der Umweltschutzorganisation Greenpeace aus dem Jahr 2012 untersuchte 141 Kleidungsstücke „ von Modemarken wie Zara, Benetton und Tommy Hilfiger auf krebserregende oder hormonell wirksame Chemikalien“ – mit erschreckenden Befunden.
Giftgehalt – eine Frage des Preises?
Jeans erweisen sich als wahre Giftschleudern. Die farbgebenden Azofarbstoffe können, wenn sie auf der bloßen Haut mit Schweiß in Berührung kommen, krebserregende Substanzen freisetzen.
Im Mai 2011 wurde eine Ladung aus China kommender Jeans vom Zoll abgefangen, da die Belastung mit Azofarbstoffen zu hoch war. Die Jeans waren für den Kleidungsdiscounter KiK bestimmt, wie die ARD-Reportage „Der Preis der Blue Jeans“ recherchierte. Das könnte als Hinweis dafür interpretiert werden, dass der Kauf von teuren Jeans vor dem textilen Giftcocktail schützt.
Leider ein Irrtum, wie die aktuelle Greenpeace-Untersuchung Giftige Garne – Der große Textilien-Test von Greenpeace vom November 2012 beweist, in deren Rahmen groß eingekauft wurde. Die Shoppingtour führte durch 29 Länder.
Im Einkaufskorb landeten verschiedene Kleidungsstücke der Global Player wie C&A, H&M oder Mango, Designerware von Armani oder Jeans der Kultmarken Levi’s und Diesel. Insgesamt wurden 20 Hersteller unter die Lupe genommen.
Das Ergebnis: ernüchternd. Gefunden wurden hormonell wirksame Weichmacher (Phtalate), krebserregende Farbstoffe und das Tensid Nonylphenolethoxylat (NPE). Gelangt das NPE ins Wasser – was zwangsläufig geschieht, wenn man die Kleidung wäscht – entsteht Nonylphenol (NP), ein Gift, das Hormone und Umwelt schädigt und hierzulande eigentlich verboten ist, in den Fertigungsländern vieler (dann in Europa verkaufter) Textilien hingegen nicht.
Fatale Folgen für Umwelt und Gesundheit
Natürlich wirkt sich die giftige Produktion auch auf die Umwelt aus. Schon die Lagerung der giftigen Chemikalien in den Fertigungsländern spottet jeder Beschreibung, wie verschiedene Fernsehreportagen zeigen.
Wie wird es da wohl bei der Entsorgung zugehen? Offiziell werden die Giftstoffe korrekt entsorgt – in der Praxis sieht das leider ganz anders aus. Nicht immer ist das so offensichtlich, wie beim lilafarbenen Kaliumpermanganat, das ungefiltert aus der Fabrik in den nahegelegenen Fluss läuft.
Untersuchungen von Greenpeace zeigen, dass sich in der Umgebung der Textilfabriken generell eine hohe Schwermetallkonzentration nachweisen lässt. Und um sich vorzustellen, wie es um die Arbeitsbedingungen und die Gesundheit der in den Bekleidungsfabriken beschäftigten Arbeiter steht, ist nicht viel Phantasie nötig. Allerdings haben sie wohl die geringste Lobby.
Weiterführende Informationen zum Thema:
Globale Kleidung
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