In wenigen Wochen kommt es für den hiesigen Otto-Normalverbraucher wieder einmal knüppeldick. Denn 2013 zahlen die deutschen Verbraucher mehr für ihren Strom. Deutlich mehr sogar, nämlich satte 5,3 Cent pro Kilowattstunde. Mit diesen 5,3 Cent wird die so genannte „EEG-Umlage“ finanziert, also die Kosten, die für die Förderung der neuen, pardon „erneuerbaren Energien“ entstehen. Für 2012 ist die Umlage durchaus noch ein wenig niedriger angesetzt, liegt für dieses Jahr aber dennoch schon bei einem stattlichen Wert von 3,59 Cent. Wir erinnern uns: 2003 schlug die EEG-Umlage noch mit deutlich angenehmer verkraftbaren 0,41 Cent pro Kilowattstunde zu Buche.
Aber es kommt noch besser: Während Genosse Endverbraucher für den noch jungen Sinneswandel der Kanzlerin im Bereich der Energiepolitik tief in die Tasche greifen muss, sieht es für eine Reihe von Betrieben ganz anders aus. Es gilt: Energieintensive Firmen, die sehr viel Strom verbrauchen und im internationalen Wettbewerb stehen, genießen Ausnahmen. Im Extremfall bedeutet dies: Bei einem Verbrauch von mindestens 100 Gigawattstunden müssen die Unternehmen beispielsweise nur 0,05 Cent pro Kilowattstunde zahlen. Vorausgesetzt der Anteil der Stromkosten an der Bruttowertschöpfung liegt bei über 20 Prozent. Ahja. Und welche Verbrauchsgrenzen gelten dementsprechend für den Endverbraucher, der seine Kosten zu rabattieren gedenkt? Gar keine. Das versteht sich natürlich fast von selbst. So nimmt es keine Wunder, dass die Bild-Zeitung Mitte Oktober mit der Feststellung titelte: „Jetzt zahlen wir die Zeche für die Energiewende“. Doch stimmt das? Ist die Situation tatsächlich in diesem kurzen Satz zusammenzufassen und realistisch beschrieben?
Weniger Ausnahmen für energieintensive Betriebe helfen dem Privatverbraucher
Zunächst einmal sei der Fairness halber erwähnt: Bundeskanzlerin Merkel rudert bezüglich der Ausnahmen für energieintensive Unternehmen inzwischen zurück. Man müsse die Ausnahmen überprüfen, erklärte die Kanzlerin jüngst auf dem Deutschen Arbeitgebertag in Berlin: „Diesen Teil müssen wir uns noch einmal anschauen, ob es richtig war, dass wir so viele Unternehmen herausgenommen haben„. In diesem Jahr ziehen rund 700 Unternehmen einen Vorteil aus den Ausnahmeregelungen, für 2013 haben allerdings jetzt schon über 2000 Firmen einen entsprechenden Befreiungsantrag gestellt. Auf der Webseite der Tagesschau rechnet die ARD vor, dass eine Reduzierung der Ausnahmen dazu führen könnte, dass die Ökostrom-Umlage für den Verbraucher um 1 Cent pro Kilowattstunde sinkt. Ob diese Rechnung realiter Platz greift, wird man sehen müssen. Spätestens im Wahlkampf zur Bundestagswahl 2013 weiß der Wähler mehr.
Bis dahin gilt: „Die Kosten der Energiewende sind wirklich nicht gerecht verteilt“, das sagt Thomas Müller, ;Redakteur der Stiftung Warentest. „Wenn man sich anguckt, wer jetzt welchen Betrag für den Strom bezahlt, dann stellt man fest, dass ein Großteil der Kosten durchaus bei dem kleinen Verbraucher liegt.“ Ähnlich sieht es auch Birgit Ortlieb, Geschäftsführerin des Verbandes der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft: „Natürlich ist die EEG-Umlage eine wichtige Komponente, die den Strompreis insgesamt in die Höhe treibt. Dies gilt sowohl für die Privathaushalte als auch für die mittelständischen Industrieunternehmen, die nicht entlastet sind.“ Letztere zahlen genau wie Privatverbraucher die 5,3 Cent pro Kilowattstunde mehr. „Das bedeutet für etliche Unternehmen eine Quasi-Verdoppelung des Strompreises. Das kann man natürlich nicht toll finden“, sagt Ortlieb und gibt zu bedenken, dass der Strompreis in praktisch allen anderen Ländern um Deutschland herum günstiger ist. „Die Tendenz zeigt, dass die wichtigsten Wirtschaftspartner wie etwa die USA, Frankreich, England und dergleichen mehr den Strom deutlich preiswerter anbieten.“ Das heißt, die deutschen Industrien schultern jetzt schon eine größere Last. „Wenn dann noch eine zusätzliche Belastung wie etwa die EEG-Umlage dazukommt, dann ist die Wettbewerbsfähigkeit dieser Unternehmen gemessen an den wichtigsten Wirtschaftspartnern eben nicht mehr gegeben. Das macht uns große Sorgen“.
Der Strompreis war noch nie wirklich günstig
Allerdings darf man an dieser Stelle nicht vergessen, dass der Strompreis auch bereits vor der Energiewende nie wirklich günstig war. Während die Öffnung des Marktes im Bereich der Festnetztelefonie zu einem lebhaften und teils aggressiven Wettbewerb und damit zu sinkenden Preisen für die Endkunden führte, war und ist dies im Strommarkt nicht der Fall. Die Gründe dafür sind zweierlei, meint Thomas Müller: „Der Wettbewerb lebt natürlich auch davon, dass viele Verbraucher den Wettbewerb nutzen, sprich, dass sie ihren Stromversorger wechseln. Hier liegt immer noch Einiges im Argen, da viele Nutzer auch weiterhin bei ihrem alten, angestammten Stromversorger bleiben“. Der Großteil der Verbraucher sei immer noch Kunde beim Grundversorger, also dem Anbieter, wo er auch schon vor zehn Jahren war, als es noch keine Wechselmöglichkeit gab, sagt Müller und gibt zu bedenken: „Das ist aber in der Regel dann auch der teuerste Tarif, den man haben kann.“ Wechseln tut also Not. Ansonsten sind die gestiegenen Strompreise der letzten Jahre zum einen auf die gewachsenen staatlichen Abgaben und Gebühren zurückzuführen, aber auch auf die Preispolitik der produzierenden Unternehmen. Durch die erneuerbaren Energien ist der Strompreis an der Börse in den letzten Jahren gesunken, so dass die Energieunternehmen den Strom günstiger einkaufen können. „Diese Einsparungen werden allerdings auch nicht immer an den Kunden weitergegeben“, sagt Müller.
Subventionen ohne Ende
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Der Blick auf die Stromrechnung, auf der sich die Fördermittel der erneuerbaren Energien in Höhe von 67 Milliarden Euro direkt widerspiegeln, könnte den Eindruck erwecken, als seien die Erneuerbaren aufgrund der EEG-Umlage der Preistreiber schlechthin. Fakt ist allerdings, dass die genannten EEG-Milliarden in Relation zu den rund 400 Milliarden staatlicher Kohleförderung von 1970 bis 2012 zu sehen sind. Oder auch im Vergleich mit der Atomkraftförderung in Höhe von 213 Milliarden. „Energieversorgung ist immer ein zentrales, politisches Thema“, erklärt dazu die Fachjournalistin Astrid Fischer und fährt fort: „In den 60er Jahren hat die Politik in erster Linie auf die Versorgungssicherheit gesetzt, daraufhin hat man in die Kernenergie investiert. Die Bedingungen damals waren keine Marktbedingungen, es ging vielmehr um die klassische Plicht zur öffentlichen Daseinsvorsorge“, so Fischer. Heute, im europäischen Binnenmarkt, gelte dagegen zunächst einmal ein Marktpreis. „Wenn man an diesem Preis etwas ändern und die erneuerbaren Energien fördern will, kann man das durch ein Gesetz tun, dass die zusätzlichen Kosten dann auf den Marktpreis aufschlägt. Insoweit handelt es sich damals und heute um zwei ganz unterschiedliche Systeme der Finanzierung“.
Es ist also wie vermutet: Die zügige Abkehr von der Atomenergie und der schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien setzt eine umfassende Finanzierung voraus. Und die zahlt der Bürger. So oder so.
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