Slow Food, eine weltweite Vereinigung italienischen Ursprungs, sieht sich als Schnittstelle zwischen Produzenten, Händlern und Verbrauchern. Ihre Aufgabe sieht die Non-Profit-Organisation darin, bewusstes und regionales Essen und Trinken zu pflegen. Dazu gehört eine artgerechte Tierhaltung ebenso wie nachhaltige Landwirtschaft und Fischerei sowie die Bewahrung und Vorstellung regionaler Geschmacksvielfalt. Ganz in diesem Sinne werden bei der SlowFisch ausschließlich Produkte vorgestellt, die handwerklich hergestellt, frei von Zusatzstoffen wie künstlichen Aromen oder Geschmacksverstärkern und qualitativ hochwertig sind.
Gut, sauber und fair …
… sollen Slow Food-Produkte sein. Mit Genuss sollen sie verzehrt werden – langsam (slow), eben bewusst. Und die Konsumenten sollen wissen, was sie essen, woher das Essen kommt und wie es produziert wird. „Die SlowFisch rückt vergessene und verkannte Fische und Meeresfrüchte aus Nord- und Ostsee in den Mittelpunkt“, so Hans Peter Schneider, Geschäftsführer der Messe Bremen. Manchen Besuchern war es allerdings nicht Fisch genug. So war beispielsweise zu hören, „na, den Fisch muss man hier aber suchen“. In der Tat, wer nicht gerade direkt an der „Fischstraße“ der Messe stand, konnte sich genauso gut auf einer Wein- und Spirituosenmesse wähnen. Andererseits ergänzen sich ein guter Wein und ein leckerer Fisch natürlich ganz wunderbar.
Krabben pulen, Plötze essen
Doch vor dem Genuss steht die Zubereitung. Auf der SlowFisch konnten Köche bei der kundigen Zubereitung verschiedenster Fische beobachtet werden; Kinder durften sich beim Krabbenpulen versuchen und taten dies mit einer Mischung aus wissenschaftlicher Neugier und Abscheu. „Geschmackserlebnisse“ gibt es bei den regionalen Veranstaltungen der Slow Food-Convivien – und auch bei der SlowFisch. Dies sind Verkostungen, teils wenig oder unbekannter Lebensmittel, gespickt mit Hintergrundwissen. Fische haben Gräten? Diese fundamentale Erkenntnis muss manch einem Fischstäbchenesser erst vermittelt werden. Und Alaska-Seelachs, der in Deutschland meistverzehrte Fisch, ist mitnichten der einzige Fisch. Rotaugen, Waller, Plötzen und Bleie sind jedoch weniger bekannt.
Genuss und „Genuss“
Zwar wird bei der SlowFisch auf Regionalität Wert gelegt, aber auch die Schwäbische Whiskybotschafterin ist angereist. So etwas gibt es? Ja, warum auch nicht? – ein Schluck vom schwäbischen Feuerwasser nach dem Genuss des Grauen Knurrhahns kann vielleicht stärken, um sich gegen die vielen spitzen und ausgefahrenen Ellenbogen vor den dargebotenen Kostproben von Ziegenkäse und Hirschsalami durchzusetzen. Zeitweise gab es kaum noch ein Durchkommen auf der Genussmesse. Apropos Genuss, wer es wagt anzumerken, dass der Kaffee recht durchschnittlich schmeckt, muss hören: „Der ist langsam geröstet! Da muss er doch besser schmecken als andere Kaffees.“
Nachhaltiger Kaviar und andere Innovationen
Bei der diesjährigen SlowFisch wurden die ersten deutschen Bio-Muscheln vorgestellt. Man konnte sie im Wasser begutachten, sich informieren – und sie probieren. Miesmuscheln sind es, italienisch cozze, aus der Ostsee, genauer: der Kieler Förde und nach der EG-Öko-Verordnung zertifiziert. Eine weitere Innovation war mit der Firma Vivace vertreten – nachhaltiger Kaviar aus Stör-Aquakultur. Die neue Methode ermöglicht die Produktion von Kaviar, ohne die Fische töten zu müssen. Den meisten Menschen sei gar nicht bewusst, wie konventioneller Kaviar hergestellt wird und dass viele Störpopulationen bereits vom Aussterben bedroht sind, erzählt Prof. Angela Köhler vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung.
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Verantwortungsvoll genießen
Slow Food steht für verantwortungsvolles und aufgeklärtes Genießen. Das begleitende Vortragsprogramm zur SlowFisch beleuchtete kritisch die Folgen unserer Lebensweise und unseres Konsumverhaltens. Über Müll im Meer etwa wurde aufgeklärt, wie achtlos weggeworfene Plastikteile Vögel und Fische strangulieren und über die Nahrungskette schließlich in unseren Mägen landen. Bei der Podiumsdiskussion „Woher kommen unsere Fische?“ wurde sehr kontrovers diskutiert und viele Aspekte angeschnitten. Wie lässt sich verhindern, dass wir die Fische essen, die die Armen der Welt dringend für ihre Eiweißversorgung benötigen? Denn der allergrößte Teil der Fische, die in Deutschland gegessen werden, ist importiert. Oder wie steht es mit dem „Papiertsunami“ durch EU-Verordnungen, den Dr. Matthias Keller vom Fisch-Informationszentrum in Hamburg plakativ beschreibt: „In Norwegen werden Wälder vernichtet, um dem Fisch zu bescheinigen, dass er legal ist.“
SlowFisch – Die Messe für nachhaltigen Genuss fand 2012 vom 9. bis 11. November in der ÖVB Arena und der Messe Bremen statt.
Fotos: © Messe Bremen/ Jan Rathke
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