Sternekoch Jonnie Boer und das „De Librije“

Wer dem Holländer Jonnie Boer mit seinem Dreitagebart über den Weg läuft, wird in ihm kaum den Spitzenkoch vermuten, der 2004 vom Guide Michelin mit drei Sternen ausgezeichnet wurde.

Doch ein ständig ausgebuchtes Restaurant und eine begeisterte Fachkritik nach der anderen bestätigen, dass er diese Auszeichnung zu Recht trägt und seine Kochkunst keine Alltagsfliege ist, sondern beständiges solides Können, perfektioniert durch Kreativität und Liebe zu den Produkten. Erfolg fällt einem nicht in den Schoß, weiß Jonnie Boer, er will erarbeitet sein.

Mit Fleiß und Beständigkeit zu Sternenglanz

So wie Jonnie Boer seine Speisekarte gestaltet, so ist der 1965 geborene Niederländer  auch aufgewachsen: ländlich, natürlich, ohne Schnickschnack. Nur für drei Jahre verließ er seine  Heimatregion, um in Amsterdam berufliche Erfahrungen zu sammeln.

Doch es zog ihn nach Zwolle zurück und 1992 übernahm er mit seiner Frau Thérèse das Restaurant „De Librije“, in dem die beiden bis dahin angestellt waren.

Der erste Stern folgte im gleichen Jahr, der zweite gesellte sich 1999 dazu. Zahlreiche andere Auszeichnungen bis hin zum Titel „Ritter des Ordens von Oranje Nassau“ begleiten den Weg des fleißigen Küchenchefs an die Spitze der Kochelite.

Librije’s – ein Hotel der Extraklasse

2008 eröffnete das Ehepaar Boer das Librije’s Hotel, ein großer monumentaler Bau aus dem 18. Jahrhundert in Zwolle, der Hauptstadt der niederländischen Provinz Overijssel. Das Gebäude diente lange als Gefängnis.

Aufwändige Restaurierungen und Umbauten haben es in mehrjähriger Bauzeit ihn in ein luxuriöses herrschaftliches Hotel verwandelt, das einen eigenen Butlerservice und für den Gästetransfer einen Mercedes Benz der S-Klasse mit Hybridtechnik zu bieten hat. Auch das hier integrierte zweite Restaurant der Boers, das „Librije’s Zusje“ hat sich mittlerweile einen Stern erkocht.

Regionale Verbundenheit zeigt sich auf der Speisekarte

Doch auch wenn sich Hotel und Restaurant in elegantem Glanz zeigen und von Savoir Vivre zeugen, verzichtet Jonnie Boers Küche auf Glitzer und französischen Charme.

Warum im Ausland suchen, was man vor Ort ebenso gut finden kann, ist seine Devise. Das heißt nicht, dass man auf seiner Speisekarte vergeblich nach Hummer und Lamm suchen müsste – aber es sind eben holländische Hummer und holländisches Lamm.

Das Gemüse und die Milchprodukte  kommen von den Bauern der Region, sein Wild stammt aus den Wäldern der Umgebung und könnten die Fische, die Boer verarbeitet, sprechen, so wäre erstklassiges Holländisch zu hören.

Menüs wie Wildente mit Rotkohlsaft und Mais, Fermentierte Gurken mit Verbene, Kürbissamen und schwarzem Knoblauch, geräuchertes Eigelb mit sauren Kartoffeln, Meerrettich und Wasserkresse oder als Nachspeise Gänseleber, Ziegenkäse, Haselnüsse und Rote-Beete-Eiscreme klingen ebenso bodenständig wie radikal ungewöhnlich und verlocken kulinarisch interessierte, sich durch die komplette Speisekarte durchzuprobieren.

Wer allerdings einen Wochenendbesuch plant, sollte lange im Voraus einen Tisch bestellen – die begehrten Plätze sind schon früh ausgebucht.

Fotos: © Flickr – Janine Cheung (sunday driver) | Food Inspiration

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