Liebhabern traditioneller Kochkunst ist er ein Dorn im Auge – nicht erst, seitdem er einen Burger im Reagenzglas züchtete. Auf einem Teller wird die aus Fettstammzellen und Kuhmuskeln bestehende Schöpfung vorerst jedoch nicht landen: zu teuer und nicht massentauglich.
Heston Blumenthal experimentiert indes fröhlich weiter mit seiner Küchenchemie und hat sich folgerichtig der Molekularküche verschrieben, anstatt auf herkömmliche Menüzubreitung zu setzen.
Hestons kreative Laborküche
Wer seinen Geschmackshorizont erweitern möchte, muss bereit sein, alles, was er bisher über traditionelle Darreichungsformen von Nahrungsmitteln zu wissen glaubte, über Bord zu werfen.
Folgerichtig geht Blumenthal in seiner Küche mit wissenschaftlicher Akribie daran, Althergebrachtes in Frage zu stellen und völlig neue Kombinationen zu erschaffen. Er serviert warmes Gelee, in Stickstoff gefrorene Schaumkugeln oder mit Kiefernnadeln aromatisiertes Mangopüree.
Zum Dessert offeriert er seine Variante des englischen Frühstücks: Ham and Eggs – als Eis. Dazu gelierten Tee und Tomatenkonfitüre. Von Traditionalisten wird der britische Avantgardist daher gelegentlich als „Hexenmeister“ bezeichnet, der in seiner Laborküche neue Absonderlichkeiten austüftelt.
The Fat Duck – die „Hexenküche“ des Menütüftlers
Die Lust auf kulinarische Stilbrüche ist erstaunlich – gehört Blumenthal (*27. Mai 1966) doch eindeutig nicht zu den Menschen, die als Kind in einer kulinarisch besonders anregenden Atmosphäre aufwachsen konnten.
Prägendes kindliches Geschmackserlebnis ist seinen Angaben nach das Repertoire einer Pommesbude, was die Spekulation erlaubt, ob es vielleicht gerade diese Schlichtheit war, die Blumenthals Kreativität und Forscherdrang nun explodieren lässt.
Unbändige Lust aufs Kochen verspürte der Brite urplötzlich, als er 1982 als 16jähriger mit seinen Eltern nach Frankreich reiste. Inspiriert von der französischen Küche vertieft sich bald darauf in die Lebensmittelchemie und die Molekulargastronomie. Ein Ausbildungsplatz, an dem er seine Kochleidenschaft ausleben kann, bleibt ihm jedoch verwehrt.
Also schlägt er sich als Vertreter kochferner Büroutensilien durch, ehe er sich 1995 mit dem Kauf eines Pubs seinen Traum erfüllt. In „The Fat Duck“ – so der Name des Pubs, der in dem idyllischen Örtchen Bray für Kopfschütteln sorgte – tüftelt Blumenthal äußerst erfolgreich an seinen Kreationen. Der Beweis: Drei Michelinsterne.
Restaurant: The Fat Duck
High Street
Bray
Berkshire
SL6 2AQ
England
Telefon:
+44 (0) 1628 580 333
Internet:
http://www.thefatduck.co.uk
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Samstag
Lunch: 12:00 Uhr bis 14:00 Uhr
Dinner: 19:00 Uhr bis 21:00 Uhr
Heston schreckt vor nichts zurück – nicht einmal vor der Hotelküche
Blumenthal – immerhin einer der kreativsten Köche Europas – scheut nicht einmal davor zurück, sein Einfallsreichtum dort sprühen zu lassen, wo es niemand vermuten würde: in einer Hotelküche.
Hoteliers haben erkannt, dass sie ihre Küchen, die bislang manchmal eher ein Synonym für die lieblose, nicht besonders schmackhafte Essensabfertigung anspruchsloser Esser gewesen sind, dringend aufwerten müssen, damit sie am Markt bestehen können. Und so lassen die luxuriösen Etablissements der Dorchester Collection ihre Menüs nun von Alain Ducasse veredeln, während die Meliá-Gruppe auf Martin Berasategui setzt.
Blumenthal kooperiert mit der Mandarin Oriental Group und mit seinem im Mandarin Oriental beheimateten „Dinner by Heston Blumenthal“ hat der Hyde Park zweifelsohne eine Attraktion mehr.
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