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Die Tafeln – der schmale Grat zwischen Fluch und Segen

Immer mehr Menschen sind auf Lebensmittel der Tafeln angewiesen. Leider gibt es auch Zeitgenossen, die das Angebot der Tafeln maßlos missbrauchen.

Lebensmittelausgabe bei der TafelIm allseits als überaus wohlhabend wahrgenommenen Deutschland gibt es bestürzend viele Menschen, deren desolate finanzielle Situation ihnen die Deckung des Grundbedarfs an Lebensmitteln nicht sicher gewährleistet. Diese an der Armutsgrenze (oder darunter) dümpelnden Deutschen sind darauf angewiesen, ihre Nahrung entweder an Sozialstationen oder an Einrichtungen der Diakonie zu erbetteln – oder sich karitative Bezugsquellen zu suchen, bei denen auch ein mageres Budget trotzdem noch für einen ausreichend gedeckten Tisch sorgen kann. Zu letzterer Gattung gehören „Die Tafeln“, die inzwischen in der gesamten Bundesrepublik Einrichtungen unterhalten, mit denen sowohl Hunger als auch Not gestillt werden sollen. Eine überaus löbliche Initiative, sollte man meinen. Doch leider hat auch dieses prinzipiell menschenfreundliche Engagement eine äußerst dunkle Seite, auf die in aller Sachlichkeit mahnend hingewiesen werden muss. Denn „Die Tafeln“ können sowohl ein gewisses Sozialschmarotzertum als auch eine kommode Faulheit unbeabsichtigt unterstützen. Und tatsächlich tun sie das leider auch, wie Erfahrungen und Fallbeispiele eindrücklich zeigen.

Die große Raupe Nimmersatt

Eigentlich möchten „Die Tafeln“ so genutzt werden, dass Bedürftige eine einzige Anlaufstelle haben, wo sie sich im normalen Rahmen bescheiden, aber hinlänglich versorgen können. Die meisten ehrlichen Tafelbesucher werden sich wohl auch an diese Spielregel halten. Allerdings gibt es eine in ihrer Größe nicht zu unterschätzende Gruppe von Zeitgenossen, die mit unschönster Regelmäßigkeit so viele Tafel-Niederlassungen wie möglich heimsucht, um sich dadurch die Taschen und die Speisekammern fett zu füllen. Kontrollieren können das die ehrenamtlichen Tafelmitarbeiter nicht – wie sollten sie auch? Sie protokollieren höchstens, wer wann was mitnimmt, und legen diese Belege dann zu den Akten. Ob der vermeintlich kurz vor dem Hungertod stehende Bittsteller vorher schon zig andere Filialen mit erbarmungswürdiger Mine abgeklappert hat, kann keiner wissen. Deshalb haben die verfressenen Frechdachse meist auch gar keine Scheu, vor neugierigen Medienvertretern mit ihrer Masche zu prahlen. Viele geben dabei unumwunden zu, noch nie zuvor in ihrem Leben für so wenig Geld so viel und so gut gegessen zu haben. Da darf man sich als regulär zahlender Supermarktkunde, der schließlich auch keinen Dukatenesel im Keller am Kacken hat, schon mal fragen, wie gerecht (oder wie gerechtfertigt?) das noch ist.

Mir geht’s ja noch gold …

Die Taschen sind voll - Günstig einkaufen bei der TafelOhne starken Leidensdruck ist das „Gewohnheitstier Mensch“ nicht dazu zu bewegen, seine aktuellen Lebensumstände kritisch zu hinterfragen oder gar radikal und nachhaltig zu ändern. So unglaublich träge ist der Mensch, dass ein Schuh schon bis auf die blutig gescheuerten Knochen drücken muss, um die Erwägung eines Verlassens der anheimelnden Komfortzone überhaupt mental zuzulassen. Diese Erkenntnis ist psychologisches Allgemeingut und trifft fast ausnahmslos auf jeden Menschen zu. Darum gehören Provisorien oft auch zu den haltbarsten und überdauerndsten Konstruktionen, mit denen das Individuum schnell und zufrieden leben lernt. Dazu zählt leider auch die Hartz-IV-Nische, in deren sozialer Hängematte man sich umso gemütlicher und behäbiger einrichten kann, je mehr „Geschenke“ die monatliche Apanage erweitern. Die Wohnkosten trägt die Solidargemeinschaft, für alles Mögliche können zusätzliche Zuschüsse oder Befreiungen beantragt werden – und für eine so gut wie geschenkte Beköstigung sorgen schließlich noch die Tafeln. In solchen Verhältnissen kann man sich als anspruchsloser Arbeitsallergiker, der sonst nichts weiter vom Leben will, durchaus langfristig bequem und beschaulich einrichten. Auf Kosten sämtlicher Leistungsträger, die selbst und unentlastet in Eigenleistung für ihren Unterhalt sorgen und sich dazu redlich abstrampeln müssen, damit sie Brot auf dem Tisch haben.

Sollte man „Die Tafeln“ dann nicht lieber abschaffen?

Tatsächlich gibt es viele Entscheidungsträger, die im Wirken der Tafeln mehr Schlechtes als Rechtes sehen. Dies ist dem betrüblichen Umstand geschuldet, dass es immer irgendwo antisozial eingestellte Persönlichkeiten gibt und geben wird, die nichts lieber tun, als sich auf Kosten anderer kackfrech zu bereichern. Oder jede Chance darauf, den lieben Gott einen guten Mann sein zu lassen, einer persönlichen Verantwortlichkeit für das eigene (Erwerbs)Leben grundsätzlich vorziehen. Dieser zwielichtigen Klientel kann man sich in einem Sozialstaat leider nie völlig entledigen. Doch sollte man wegen dieser asozialen Betrüger tatenlos dabei zuschauen, wie verkehrsfähige Lebensmittel tonnenweise auf dem Müll landen, während wirklich Bedürftige sich jede Nacht in den Schlaf hungern? Das kann es in unserer Überflussgesellschaft irgendwie auch nicht sein. Hier den richtigen Mittelweg zu finden, der echte Not lindert, aber lebbare Notstände nicht als Lifestyle konsolidiert, ist eine ebenso schwierige wie undankbare Aufgabe. Und solange hier noch keine wirklich praxistauglichen Lösungen gefunden sind, wird jeder nach wie vor für sich selbst entscheiden müssen, ob er „Die Tafeln“ befürwortet und unterstützt, oder doch lieber nicht.

Fotos: © picture-alliance / ZB

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