Der Begriff der Leistungsgesellschaft wird mittlerweile schon beinahe inflationär verwendet, was sicherlich aber nicht zuletzt daran liegt, dass deren Symptome immer verbreiteter und deutlicher sichtbar werden. Der Stress ist dabei keineswegs nur ein Übel der Arbeitswelt, sondern er schleicht sich zunehmend schon in die Ausbildungszeit ein. Wie eine aktuelle Forsa-Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse zeigt, leiden rund drei Viertel der deutschen Studenten unter psychischen Störungen.
Stress und Angst sind Dauerbegleiter an deutschen Unis
Für die Umfrage wurden 1000 Studierenden in Nordrhein-Westphalen befragt und das Ergebnis ist erschreckend. 75% der Studenten gaben an, dass sie sich ständig nervös und unruhig fühlen. Ganze 25% klagten über tiefste Verzweiflung und mehr als jeder siebte leidet unter Panikattacken. Die psychische Anspannung bleibt dabei keineswegs ohne Folgen: Jeder Zehnte wird dauerhaft mit Psychopharmaka behandelt, wie die Krankenkasse berechnete, ist dies ein Anstieg von 55% innerhalb der letzten vier Jahre. Auch zu Alkohol und Zigaretten wird deutlich häufiger gegriffen, um dem Stress standzuhalten. Rund 86% Prozent der Befragten versuchen, der geistigen Erschöpfung mit Sport entgegen zu wirken.
Die Bildungselite gerät immer mehr unter Druck
Studienverschärfungen, Studienzeitverkürzungen und ein Mangel an Freiräumen machen über 50% der Studenten am meisten zu schaffen, hinzu kommen Prüfungsstress und Zeitdruck. Mehr als jeder Dritte fühlt sich dabei überfordert, hat Angst vor der Zukunft und sorgt sich während des Studiums um seine finanzielle Situation. Acht Prozent der weiblichen und vier Prozent der männlichen Studenten suchen Hilfe bei einem Psychotherapeuten. Ein Trend, der sich in Zukunft nach oben bewegen wird. Denn neben der Forsa-Befragung vermitteln auch ältere Studien ein ähnlich düsteres Bild.
Ein Drittel der Deutschen leidet an psychischen Störungen
Ritalin – Alltagsdoping für die Leistungsfähigkeit
Überlastung und psychische Erschöpfung sind keine Seltenheit
Bereits eine Studie der TU Chemnitz zeichnete ein ähnliches Bild. Dabei wurden psychologische Berater aus 14 Bundesländern zu Rate gezogen, die für rund 83% der Studenten eine Tendenz zur Überlastung und psychischen Erschöpfung bescheinigten. Entsprechend sei in den letzten fünf Jahren eine deutliche Zunahme des Burn-out-Syndroms zu verzeichnen gewesen. Eine Studie des Instituts für Hochschulforschung förderte zu Tage, dass jeder 20. Studierende zu Pillen greift, um den Stress bewältigen zu können und die Leistung zu steigern.
Symptome sollen durch Maßnahmen eingedämmt werden
Die Techniker Krankenkasse plant in Nordrhein-Westphalen eine Gegenoffensive und will unter dem Motto „Stressless Academy“ den Studenten Hilfe anbieten. Unter anderem sollen Techniken und Maßnahmen vermittelt werden, wie sich der Stress und seine Symptome besser bewältigen lassen. Das Stichwort hierbei lautet jedoch „Symptome“, denn die Ursachen für die Missstände bleiben unberührt. Doch die Krankenkasse kann die Wurzeln des Problems nicht anpacken, das wird Aufgabe der Politik und auch der Gesellschaft sein. Nur ob sich zum Vorteil der deutschen Studenten etwas tun wird, bleibt fraglich. Denn unterm Strich war die Forsa-Umfrage nur eine von vielen und das Problem wird – wie so viele andere auch – wohl einfach wieder im Sand verlaufen.
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