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Beipackzettel:

Wer lesen kann, lebt länger…

Eine Studie aus Großbritannien bestätigt, was auch aus den USA schon bekannt ist: Ältere Menschen verstehen oft die Beipackzettel von Medikamenten nicht – und sterben deshalb früher.

Seniorin liest den Beipackzettel von einem Medikament.

Wie wichtig es ist, den Beipackzettel eines Medikaments richtig zu lesen, zeigt die Studie aus England. Bild: © fotolia.de

Man lernt nicht für die Schule, sondern für das Leben – eine Weisheit, die Kinder nicht gerne hören, die sich später aber trotzdem als richtig erweist. Wie wörtlich das gemeint ist, dürfte vielen aber nicht klar sein. Ein Phänomen, das aus den USA lange bekannt ist und auch mit Studien untermauert wurde, ist nun auch für Großbritannien untersucht worden. Und das Ergebnis führt zu dem Schluss – gut aufpassen in der Schule zahlt sich aus! Denn wer lesen kann, ist nicht nur eindeutig im Vorteil, sondern lebt auch länger.

Nebenwirkung: Beipackzettel

In den Industriestaaten dürfte sich in fast jedem Haushalt eine große Menge medizinischer Fachliteratur befinden. Bei den meisten Menschen handelt es sich dabei aber nicht um den Pschyrembel und all seine Schwestern und Brüder, die sich in anatomischen, physiologischen und pathologischen Feinheiten ergehen. Nein, die meisten geben sich mit mit kleinen und handlichen Informationen zufrieden – dem Beipackzettel. Jedem Fertigarzneimittel in der Europäischen Union ist dieses Papier beigelegt.

Wahrscheinlich sind schon Menschen aufgrund dieser Packungsbeilage krank geworden. Herzgefährdende Aufregung, weil sich der Zettel nicht wieder so falten lässt, wie er ursprünglich war? Schwindel beim Entziffern der kleinen Schrift? Wutanfälle beim Verstehen des Inhalts? Alles denkbar.

Dabei sind die Packungsbeilagen für Medikamente selbstverständlich genormt. Seit 2001 gibt es für die EU-Länder klare Regeln, was die Qualität des Papiers angeht und die verwendete Schrift. Auch das eigenwillige Falten des Beipackzettels ist kein Patientenärgern, sondern sorgt dafür, dass möglichst wenig Platz verbraucht wird, um die Schachteln möglichst klein zu halten. Selbstverständlich ist auch der Inhalt vorgeschrieben: Inhaltsstoffe, Anwendungszweck, Dosierungsempfehlung, Nebenwirkungsprofil und ähnliche Angaben finden sich zuverlässig auf jedem Origamikunstwerk. Außerdem sind die produzierenden Firmen seit 2005 verpflichtet, den sogenannten Lesbarkeits-Test durchzuführen. Hierfür werden Patienten befragt, ob sie die Packungsbeilage verstanden haben, das Ergebnis muss bei dem Antrag auf Zulassung eines Medikamentes beigefügt sein.

Ergebnis der Studie: wer nicht richtig liest – stirbt früher

Und trotzdem bleibt vielen der Beipackzettel eine kryptische Anordnung von Sätzen, deren Sinn sich ihnen nicht erschließt. Die nun in Großbritannien befragten 7857 Studienteilnehmer waren über 52 Jahre alt und hatten auszugsweise die Fachinformation eines Medikamentes aus 500 Milligramm Acetylsalicylsäure vorliegen. Der auch unter ASS bekannte Wirkstoff ist vielen als Schmerzmittel, Entzündungshemmer und Fiebersenker bekannt und entsprechend weit verbreitet. Vier einfache Fragen waren im Test zu beantworten. Sie bezogen sich darauf, wie lange ASS längstens eingenommen werden darf, in welchen Fällen ein Arzt zu konsultieren ist, wann ASS hilft und wann nicht. Die Probanden durften bei der Beantwortung der Fragen sogar auf den Beipackzettel schauen und trotzdem wusste nur jeder Dritte die korrekte Antwort. Nachdem alle anderen sozioökonomischen Aspekte und auch mentale Defizite statisch bereinigt wurden, blieb das Ergebnis überraschend: Die Studienteilnehmer mit der geringsten Werten bei der Verständlichkeit der Beipackzettel starben in den folgenden fünf Jahren früher. Ihr Risiko für den schnelleren Tod ist um 26 Prozent erhöht.

Neben einer gesundheitsbewussten Lebensführung, guten Genen und Glück trägt also auch das Leseverständnis direkt zur Lebenserwartung bei. Es muss ja nicht gleich der Pschyrembel sein, aber wer Beipackzettel von Medikamenten lesen kann und auch verstehen, lebt eindeutig länger. Man lernt eben doch für das Leben.

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Über Manuela Käselau

Manuela Käselau ist Physiotherapeutin und Shiatsu-Praktikerin (GSD). Parallel studierte sie Phonetik, Niederdeutsche Linguistik und Systematische Musikwissenschaft an der Universität in Hamburg. Als freie Autorin schreibt sie für diverse Online- und Printmedien, hauptsächlich im medizinischen Bereich. Seit 2012 ist sie ein Mitglied der Redaktion.