Ein deutsch-amerikanisches Forscher-Team hat im US-amerikanischen Wissenschaftsmagazin „PLoS ONE“ eine neue Art von Zwergchamäleons beschrieben. Entdeckt wurde die neue Art von dem Team um den deutschen Frank Glaw von der Zoologischen Staatssammlung München. Der sogenannte Brocesia Micra ist in Madagaskar zu Hause und ist die kleinste der vier neu gefundenen Chamäleonarten. Das ausgewachsene Männchen wird gerade einmal 24 Millimeter groß, inklusive Schwanz wohlbemerkt, und ist damit das kleinste Reptil der Welt. Neben dieser freudigen Entdeckung gibt es jedoch auch eine schlechte Nachricht: Die neuen Arten haben nämlich nur sehr kleine Verbreitungsgebiete und sind durch das fortschreitende Zerstören ihres Lebensraumes schon vom Aussterben bedroht.
Über 193 Chamäleonarten auf Madagaskar
Madagaskar ist vor allem durch seine artenreiche und einzigartige Tierwelt bekannt. Kein Wunder, so beherbergt der zweitgrößte Inselstaat der Welt immerhin fast dreihundert Froscharten und über vierhundert Reptilien, die sich in den tropischen Wäldern eingenistet haben. Auch in den Bergen und Trockengebieten der Insel tummeln sich unzählige Tiere, wobei bei fast jeder Expedition neue Arten entdeckt werden. Für eine Tierart ist Madagaskar aber besonders berühmt, nämlich für über 40% der 193 bekannten Chamäleonarten. Neben den Zwergfröschen und nur mausgroßen Halbaffen haben auch die Zwergchamäleons von sich reden gemacht. Daher dürfte es nicht wirklich verwundern, dass nun die kleinsten Chamäleons der Welt auf der ostafrikanischen Insel gefunden wurden.
Die kleinsten ihrer Art
Das deutsch-amerikanische Biologen-Team hat vier neue Arten von Zwergchamäleons entdeckt, wobei eine Art besondere Aufmerksamkeit erregte. Die Brookesia micra sind deutlich kleiner als alle anderen bekannten Chamäleons bisher und erreichen eine maximale Körpergröße von 16mm. Selbst mit Schwanz erreichen beide Geschlechter nur eine Größe von unter 29mm. Damit finden die kleinsten Chamäleons der Welt mühelos Platz auf einem Streichholz.
Die Größe ist noch nicht zu erklären
Laut Frank Glaw ist es kein Zufall, dass die kleinsten Tierarten auf Inseln zu finden sind, sondern ein typisches Phänomen. Warum die Brookesia micra aber derart winzig sind, vermag der Wissenschaftler noch nicht zu erklären. Vermutlich entspringt die geringe Körpergröße einem doppelten Inseleffekt. So sind Tiere auf Inseln nämlich generell kleiner als ihre Artgenossen auf dem Festland, wobei die Chamäleons in diesem speziellen Falle nur auf einer noch kleineren Insel vor Madagaskar beheimatet sind. Die 115 Hektar kleine Kalkfelsinsel liegt nur wenige Kilometer vor der Hauptinsel und hat die Chamäleons wahrscheinlich zu der extremen körperlichen Anpassung gezwungen. Jedenfalls wollen die Experten der Größe der Tiere in künftigen Untersuchungen genauer auf den Grund gehen. Sofern sie noch die Gelegenheit dazu erhalten. Denn die neuen Chamäleonarten sind bereits jetzt vom Aussterben bedroht.
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Traurig und verzweifelt
Die neu entdeckten Zwergchamäleons leben auf einem vergleichsweise engen Raum von wenigen Quadratkilometern. Jörn Köhler vom Hessischen Landesmuseum Darmstadt sieht die Tiere aufgrund der zunehmenden Lebensraumzerstörung daher als besonders bedroht. „Eine der neuen Arten, Brookesia desperata, ist nur aus einem kleinen Regenwald bekannt und obwohl dieses Gebiet offiziell unter Schutz steht, wird hinter der Kulisse im Inneren des Reservats fleißig Raubbau betrieben“, berichtet er von der Insel. Und auch die Brookesia tristis sehen einer ungewissen Zukunft entgegen. Denn auch wenn der Lebensraum der Chamäleons erst vor wenigen Jahren geschützt wurde, schreitet die Abholzung des Gebietes unaufhaltsam voran. Die Namen, welche die Wissenschaftler den neuen Arten gegeben haben, sprechen Bände. So lässt sich desperata mit verzweifelt übersetzen, während tristis dem deutschen „traurig“ entspricht – keine zufällige Namenswahl, sondern eine, die auf die Bedrohung der Tiere aufmerksam machen soll. Ob die neuen Arten langfristig zu retten sind, ist ungewiss, doch sind die Wissenschaftler auch in diesem Punkt bemüht, die kleinsten Reptilien der Welt vor der Zerstörungswut des Menschen zu schützen.
Fotocredits: © Jörn Köhler, Frank Glaw
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