Gesundheitsbehörden debattieren weiterhin, ob Forschungsberichte über eine gefährliche, im Labor modifizierte Variante der Vogelgrippe veröffentlicht werden können. Außerdem haben Forscher im Dschungel von Guatemala erstmals die Existenz von Fledermausgrippe nachgewiesen.
Internationale Verschwörungstheoretiker, Apokalypseprediger, aber auch aufrichtige Science-Fiction Autoren kommen derzeit nicht mehr zu Ruhe. Kaum ein Monat vergeht, in der nicht neue Artikel in Wissenschaftsmagazinen ihnen Material für Endzeitdramen über das Ende der Zivilisation liefern. Im Zentrum all dieser düsteren Visionen steht die Grippe. Als mögliche Ausbruchsherde tödlicher Influenza-Epidemien werden dabei solch unterschiedliche Schauplätze wie Uni-Labors in den Niederlanden und den USA oder der Dschungel von Mittelamerika genannt.
Neuer Dschungel-Virus in Guatemala
Bei einem Projekt in Guatemala ist es Wissenschaftlern zum ersten Mal gelungen, einen bis dato unbekannten Grippevirus in Fledermäusen nachzuweisen. Zu Wochenbeginn (27. Februar) veröffentlichte das Fachjournal „Proceedings of the National Academy of Sciences“ auf seiner Website die Ergebnisse einer Studie von Mitgliedern des amerikanischen „Zentrums für Krankheitskontrolle“ (CDC). Die Forscher entdeckten nach eigenen Angaben „genetische Fragmente“ eines solchen Erregers im Darm einiger Exemplare der Gattung „Gelbschulter-Blattnase“. Eigentlich waren CDC-Mitglieder in Guatemala, um die Verbreitung von Tollwut zu untersuchen. Dazu sezierten sie seit 2009 rund 300 Fledermäuse. Auf den Grippevirus stießen sie nur zufällig.
Ruben Donis, Co-Autor der Studie und Mitglied der Grippeabteilung des CDC, vermutet, dass die Nagetiere den Erreger schon vor Jahrhunderten aufgegriffen haben könnten, und er sich durch Mutationen in seine gegenwärtige Variante entwickelt habe. Noch ist unklar, ob sich der Erreger in dieser momentanen Form für Menschen als gefährlich erweisen könnte. Doch wenn der Fledermaus-Virus eine Chance erhalte, mit anderen Varianten der Grippe in Kontakt zu kommen, könne er nach wissenschaftlicher Einschätzung weiter mutieren. Und das Resultat könnte für Menschen in der Tat gefährlich sein.
Realität nährt sich tödlicher Film-Fiktion
Schon warnen Pessimisten daher, dass Fledermausgrippe sich bald als der tödliche Nachfolger von Vogel- oder Schweinegrippe entpuppen könnte. In den Jahren 2006 und 2009 hatten solche von Tieren ausgehende Grippe-Epidemien für weltweite Todesfälle und Panik gesorgt. Beflügelt wird die Phantasie der Warnenden dabei auch durch den Hollywood-Streifen „Contagion“, in dessen fiktiver Handlung ein von Fledermäusen ausgehender Grippevirus von Schweinen auf Menschen übertragen wird und schließlich Millionen tötet. Durch die Entdeckung in Guatemala scheint nun die Realität die Fiktion eingeholt zu haben.
Um die Frage von Fiktion oder realer Gefahr, die von entkommenden Grippeviren ausgeht, dreht es sich auch bei der heftigen internationalen Debatte um die Experimente zweier Universitäten. Im vergangenen Jahr war es Forschern an der Erasmus-Universität in Rotterdam und der Universität von Wisconsin-Madison gelungen den Vogelgrippen-Virus H5N1 so zu mutieren, dass er auch durch die Luft übertragen werden kann. Basierend auf bislang bekannten Statistiken, verläuft die Vogelgrippe bei Menschen zu 60 Prozent tödlich. Allerdings ist der Virus nur schwer von Tier auf Mensch übertragbar, was nur durch sehr große Nähe zu Geflügel möglich ist. Dieser Umstand hat bislang tödlichere Epidemien vermieden, nach offiziellen Statistiken sind seit 2003 rund 350 Menschen der Vogelgrippe erlegen.
„Armageddon-Virus“ im Universitätslabor
In den Experimenten wurden Frettchen als Versuchstiere verwandt. Es zeigte sich, dass ein von den Wissenschaftlern mutierter H5N1-Virus in der Lage war, durch die Luft von Tier zu Tier zu springen. Sollte sich ein solcher Effekt auch bei Menschen einstellen, könnte es zu einer extrem tödlichen Epidemie kommen. Der Leiter des Rotterdamer Forschungsteams, Ron Fouchier, präsentierte das Experiment erstmals einer akademischen Öffentlichkeit während einer Konferenz auf Malta im September. Nachdem die internationale Boulevardpresse Wind von dem Projekt bekommen hatte, war schnell von einem „Armageddon-Virus“ die Rede. Selbst Vergleiche zur Spanischen Grippe wurden gezogen – der hoch ansteckenden Influenza-Variante, die in den Jahren 1918 und 1919 weltweit schätzungsweise 40 Millionen Menschenleben kostete.
Die Grippeexperten in Rotterdam planten, ihre Erkenntnisse in dem britischen Fachmagazin „Nature“ zu veröffentlichen. Die Forscher in Madison um Teamleiter Yoshihiro Kawaoka hatten vor, ihre Folgerungen bei der amerikanischen Zeitschrift „Science“ einzureichen. Daraufhin schlug ein Expertenbeirat Alarm, welcher amerikanische Regierungsbehörden über biologische Bedrohungen berät.
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