Schmerz ist ein noch vernachlässigtes Thema in der Onkologie. Darauf verwies Prof. N. Frickhofen (Wiesbaden) auf dem 30. Deutschen Krebskongress. Schmerz ist ein häufiges Symptom – er tritt bei 53 % über alle Erkrankungsstadien hinweg auf, auch noch nach einer Therapie, und er wird noch lange nicht immer adäquat behandelt.
Auf der „Hitliste“ der Symptome kommt Schmerz gleich hinter Abgeschlagenheit. Aus der Sicht des Patienten spielt der Schmerz auch eine viel größere Rolle als für den Arzt. Schmerz vermindert die Lebensqualität, er isoliert, macht abhängig. Hinzu kommt die Angst, ihn nicht zu beherrschen und die Angst vor Opiaten (Abhängigkeit, „Ist es schon so weit?“). Außerdem haben Patienten Angst vor den Nebenwirkungen oder davor, dass die Schmerztherapie die Krebstherapie behindert, und sie wollen den Arzt nicht mit dem Schmerz belästigen.
Eine Betrachtung von 16 Studien ergab, dass eine leitlinienbasierte Schmerztherapie bei 45–100% der Patienten erfolgreich sein kann. In der Realität sind 43% der Patienten unterbehandelt, d. h., sie bekommen nicht das richtige Analgetikum für die gegebene Schmerzstärke. Immerhin kommt Schmerz inzwischen häufiger in Leitlinien vor.
Dr. David B. Agus – Gesundheitsmessias oder Buchverkäufer?
Die wichtigsten Krebstherapien in Deutschland – Ein Überblick
Die Kenntnisse der Onkologen über Schmerz sind noch mangelhaft. Die Ausbildung der meisten heute praktizierenden Onkologen war auf Diagnose und Therapie zentriert (das wird jetzt langsam besser). Hinzu kommen Vorbehalte und schlechte Regularien. Untersuchungen zeigen, dass Onkologen, befragt, ob sie sich mit Schmerz auskennen, dies bejahen. Bei Fallbeispielen scheitern sie dann aber schnell.
Mittlerweise sind auch die Therapiemöglichkeiten viel komplexer geworden. Es gibt eine Fülle unterschiedlicher Präparate und Zugangswege. Insbesondere für den Durchbruchschmerz ist transmukosales Fentanyl eine wichtige Option.
Eine adäquate Schmerztherapie wird auch durch Hindernisse im System erschwert. Ein typischer Konflikt ist der zwischen dem Facharzt (der ein neues, gut wirksames, aber teures Medikament verschreibt) und dem Hausarzt (der auf das alte Mittel wechselt, aus Furcht vor Regress). Die Kooperation mit Schmerztherapeuten oder Palliativmedizinern ist auch nicht optimal.
Sehr geeignet und für den Patienten und den Arzt hilfreich sind Selbsterfassungsinstrumente (Schmerzverhaltensfragebogen).
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