Dies ist das Ergebnis einer Langzeit-Studie der Forschergruppe Diabetes an der Technischen Universität München. Während der Studie wurde der Einfluss von Umweltfaktoren auf 1.650 Kinder aus Risikofamilien untersucht. Die Kinder wurden dabei von Geburt an für etwa 11 Jahre lang beobachtet. Die Wissenschaftler vermuten den Ursprung des erhöhten Risikos im Darm der Studienteilnehmer.
Das Risiko auf Diabetes Typ 1 bei Kaiserschnitt doppelt so hoch
Ist die Mutter oder der Vater eines Kindes an Diabetes Typ 1 erkrankt, so erhöht sich das Risiko für das Kind bis zum 12. Lebensjahr um 4,8% auch an Diabetes zu erkranken – beim Kaiserschnitt. Bei vaginaler Entbindung liegt das Risiko bei nur 2,2%, sofern die Eltern mit einer Diabeteserkrankung vorbelastet sind. Das erhöhte Risiko für eine Diabeteserkrankung war dabei unabhängig von weiteren Faktoren gegeben. Es spielte keine Rolle ob es sich um eine Frühgeburt, Erstgeburt oder Mehrlingsgeburt handelte und weder der Geburtsmonat noch das Rauchen während der Schwangerschaft konnten irgendeinen Einfluss nehmen.
Vireninfektionen erhöhen das Risiko zusätzlich
Während der Studie wurde ein weiterer Aspekt offenkundig, der das Risiko für eine Diabetes Typ 1 Erkrankung zusätzlich erhöht. So spielte das Gen „Interferon induced with helicase C domain 1” – kurz IFIH1. Dieses Gen IFIH1 erkennt die Erbinformation von Viren und reguliert das angeborene Immunverhalten des Körpers. Wird dieses Gen bei einer Infektion nun aktiviert, so hemmt es zwar wie vorgesehen die Vermehrung der Viren, doch lockt es eben auch die sogenannten Killer-Zellen des Organismus an. Diese greifen wiederum körpereigene Zellen des Säuglings an, die am funktionierenden Stoffwechsel beteiligt sind. Kommen die Umstände ungünstig zusammen, wird das Risiko auf eine Diabetes-Erkrankung bei Kaiserschnitt und Vireninfektion um ganze 9,1% erhöht. Bei einer natürlichen Entbindung und Vireninfektion liegt das Risiko nur bei 2,8%.
Wie sich der Kaiserschnitt auswirkt
Verantwortlich für eine Diabetes-Erkrankung sind Autoantikörper, die sich gegen Zellen der Bauchspeicheldrüse richten und die Insulinproduktion stören. Die Entbindung selbst ist nicht verantwortlich für die Bildung solcher Autoantikörper, doch können sich diese nach einem Kaiserschnitt rasant ausbreiten und Diabetes verursachen. Offenbar liegt die Schwachstelle im Immunsystem, welches die Autoantikörper nicht wie vorgesehen zerstören kann.
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Wichtige Darm-Bakterien fehlen
„Eine Erklärung für diese Ergebnisse ist die Tatsache, dass die Entbindung per Kaiserschnitt auf die Beschaffenheit der kindlichen Darmflora und damit auf das Immunsystem einwirkt“, erklärt Professor Anette-Gabriele Ziegler, Leiterin der Forschergruppe Diabetes der Technischen Universität München. Kinder, die durch Kaiserschnitt zur Welt gebracht wurden, weisen eine deutlich geringere Anzahl sogenannter Bifidobakterien im Darm auf. Die Bifidobakterien sind eine der wichtigsten Gruppen an Mikroorganismen der menschlichen Darmflora und sorgen unter anderem für ein einwandfrei funktionierendes Immunsystem. Bei gesunden Frauen sind diese Bakterien auch in der Vagina zu finden. Man geht daher davon aus, dass die Säuglinge während einer vaginalen Geburt die Bifidobakterien aufnehmen und eine gesunde Darmflora entwickeln. Bei der Geburt durch einen Kaiserschnitt fehlen diese Bakterien beim Säugling, sodass dessen Darmflora der geschädigten eines Diabetes-Patienten ähnelt. Die Autoantikörper haben dann ungehinderte Möglichkeiten, die Insulinproduktion zu beeinträchtigen. Entsprechend wird das Diabetes-Risiko beim Kaiserschnitt erhöht.
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