Als im Jahre 1989 die Mauer fiel und das getrennte Deutschland wieder vereinte, atmeten viele Ex-Bürger der DDR besonders auch aus dem Grund auf, dass das Spiel der Staatssicherheit endlich ein Ende genommen hatte. Doch was heute nach undenkbarem Vorgehen seitens des Staates klingt und dank der Verfassung auch gar nicht mehr möglich scheint, geschieht wahrscheinlich schon seit Monaten oder gar Jahren vor unser aller Haustür, oder besser, in unser aller Computer. Denn jüngst machte der renommierte Chaos Computer Club darauf aufmerksam, dass seit geraumer Zeit ein Bundestrojaner im Einsatz sei, der nicht nur geeignet sei, die Festplatten jedes beliebigen Internetnutzers zu durchwühlen, sondern auch in Maße an Sicherheitslücken kranke, die den Zugriff auf private Dateien auch jedem Computerprofi ermögliche. Aber was genau bedeutet das nun?
So funktionieren Trojaner
Ein Trojaner ist eine kleine, schädliche Software, die in der Lage ist, Zugriff auf den Computer von außen zu gewähren. Vereinfacht ausgedrückt funktionieren solche Programme, wie das namentliche Vorbild, nämlich das Trojanische Pferd. Auch der Computer-Trojaner wird getarnt und unbemerkt auf den Computer des Opfers geschleust. Befindet er sich erst einmal auf dem Computer, führt er verschiedene vorgegebene Befehle aus, die unterschiedlicher Art sein können. Im Einsatz von Kriminellen werden durch Trojaner häufig Passwörter oder Bankdaten gestohlen, während die Absichten des staatlichen Trojaners auf die Beschaffung von Informationen zielen.
Der Ursprung des Staats-Trojaners
Der Staats Trojaner ist Teil der sogenannten Online-Durchsuchung, die im Zuge der innerpolitischen Prophylaxe zur Terrorbekämpfung schon seit Jahren im Gespräch war und ist. Solch eine Online-Durchsuchung kann entweder kurzfristig und einmalig stattfinden oder zu einer langfristig ausgerichteten Online-Überwachung ausgebaut werden. Ziel war es Schwerstkriminelle dadurch ins Visier zu nehmen, um mögliche Terroranschläge frühzeitig zu erkennen und zu vereiteln. Dabei sollten unter anderem Skype-Gespräche abgehört werden können. Dies entspricht den gleichen Gesetzen, wie auch das Abhören des normalen Telefonanschlusses und ist innerhalb der Vorgaben des Bundesverfassungsschutzes auch legitim. Das Problem an der Sache ist allerdings, dass der jüngst aufgetauchte Trojaner des Staates weit mehr kann als er dürfte und auch öfter eingesetzt wurde als eigentlich nötig.
Der Chaos Computer Club deckt auf
Der Chaos Computer Club ist ein angesehener Verein aus Deutschland, der aus einem Zusammenschluss von Hackern besteht und diesen eine Plattform bietet. Ziel des Vereins ist eigenen Angaben zufolge unter anderem die Schaffung „eines neuen Menschenrechtes auf weltweite, ungehinderte Kommunikation“. Entsprechend engagiert sich der Hackerverbund auch für die Informationsfreiheit und ist bemüht, Missstände aufzudecken. Ein besonders großer Missstand ist durch das anonyme Zuspielen des Bundestrojaners nun vor kurzer Zeit aufgeflogen. Zum einen kann der Trojaner dabei viel mehr als er dürfte, zum Beispiel wären Varianten des Trojaners dazu geeignet, sich selbst zusätzliche Programme unbemerkt aus dem Internet zu laden und seine Funktionen zu erweitern. So könnte der Trojaner theoretisch Screenshots nach Belieben anfertigen, jeden getippten Buchstaben mitschneiden, sei es in einem Chat oder in einem Schreibprogramm, oder er könnte eventuell vorhandene Mikrofone anschalten und den ganzen Raum abhören. Doch was im Grunde noch schlimmer ist, als die genannten Funktionen ist, dass das Programm des Staates Aussagen zufolge „stümperhaft“ programmiert sei. Der Trojaner würde die ausspionierten Informationen noch nicht einmal verschlüsselt übertragen, wodurch der betroffene Computer jeden kriminellen Computerexperten quasi einladen würde Unfug oder Schaden anzurichten. Die Gefahren reichen dabei vom bloßen Diebstahl der Daten, bis hin zur weitreichenden Manipulation.
Klärungsbedarf besteht
Der Regierungssprecher Steffen Seifert dementierte die Entwicklung eines solchen Trojaners und betonte, dass sich derartiges nicht im Einsatz des Bundeskriminalamtes befand. Weitere Stimmen wurden laut und forderten Antworten. So verlangte die Bundesjustizministerin eine lückenlose Aufklärung vom Einsatz des Trojaners. Wie sich zwischenzeitlich herausstellte, wurde der Trojaner wohl von einer privaten Softwarefirma im Auftrag des Bayerischen Justizministeriums entwickelt. Auch wenn noch einige Antworten ausstehen, will die Bayerische Regierung den Trojaner nicht weiter einsetzen. Mittlerweile haben aber auch die Antiviren Hersteller reagiert, sodass der Trojaner von jedem handelsüblichen Virenschutzprogramm gefunden werden müsste.
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