Ob sie groß sind oder klein, über die Schulter (Handtasche) getragen werden oder am kurzen Riemen in der Hand lagern: Damenhandtaschen sind für Männer immer noch ein großes Mysterium. Da drin befindet sich schließlich eine ganze Welt, zu der sie keinen Zugang haben. Eine Handtasche ist, physikalisch gesehen, nämlich sehr viel näher am schwarzen Loch als irgendein anderer Alltagsgegenstand jenseits von Beteigeuze.
Denn sie nimmt, wie ein echtes Lebewesen, permanent auf, ist aber im Gegenzug nicht immer bereit, die Dinge auch wieder an die Oberfläche zu lassen. Aber das hat auch positive Aspekte. So kann es nach Jahren zum Wiedersehen mit längst verloren geglaubten Schlüsseln kommen (möglicherweise wurde jedoch in der Zwischenzeit die Wohnung gewechselt), vermisste Notizzettel tauchen wieder auf (deren Erledigung allerdings nicht mehr ganz so dringlich erscheint) und Fotos von Menschen, deren Namen einem gerade nicht mehr auf der Zunge liegen.
Wer das Glück hat, einem solchen Wiederfindungsmoment beizuwohnen, kann zusätzlich noch äußerst viel über die Trägerin der Tasche lernen. Wird Sie das Fundstück zurück in die Ursuppe legen, oder bleibt es draußen im Licht?
Einen ganz anderen Nutzen verfolgt Königin Elizabeth mit dem Tragen einer Handtasche, sie gibt dem Sicherheitspersonal damit verschlüsselte Anweisungen. Wenn Sie sich also mit ihr unterhalten und ihre Tasche dabei vom linken auf den rechten Arm wandert, ist die Queen vom Gespräch gelangweilt und bittet um Aufbruch. Achten Sie beim nächsten Mal darauf.
Die Handtasche ist ja ein Abfallprodukt der immer weiter nach Reizen strebenden Damenwäsche des 18. Jahrhunderts. Weil die bis zu diesem Zeitpunkt in die Kleider genähten Taschen den optischen Eindruck doch so manches Mal ruinierten, kam es zur Auslagerung der für die Frauenwelt wichtigen Accessoires.
Was ursprünglich als Behältnis für vielleicht ein Riechsalzfläschchen ausgelegt war, kann heute im Bedarfsfall ein Laptop aufnehmen oder auch die Akten zur Steuererklärung. Die Umhängetasche wurde übrigens erst in in den 30ger Jahren des letzten Jahrhunderts auf den Markt gebracht. Seitdem haben die Damen beim Einkaufen die Hände frei, was volkswirtschaftlich gesehen sicherlich einen echten Quantensprung bewirkte.
Haben die Männer dem etwas entgegenzusetzen, von ausgebeulten Anzugtaschen einmal abgesehen? Die klassische Herrenhandtasche, mit Handgelenksschlaufe, vor allem wichtig als Erkennungsmerkmal von U-Bahn Kontrolleuren, wird im Straßenbild kaum noch gesehen. Ihr Niedergang beruht auf dem Siegeszug des Rucksacks. Damit lässt sich das Image des Naturburschen aufrechterhalten, und trotzdem können all die Spielzeuge, die ein Mann nun mal braucht, problemlos mitgeführt werden.
Es sind auch schon Taschen mit Innenraumbeleuchtung gesehen worden, und wahrscheinlich ist gerade jemand dabei, ein Navigationssystem für Umhängebeutel zu entwickeln. Man sollte jedoch nicht vergessen, dass man dadurch zwar mehr Ordnung gewinnt, den Wiederfindungs-Überraschungs-Knalleffekt lange verloren geglaubter Gegenständen aber verliert. Mal ehrlich meine Damen, ist es das wert? Vielleicht sollte man die mitgeführten Biotope einfach unter Artenschutz stellen, die Welt ist schließlich ordentlich genug.
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