Hüftgold, Rettungsringe und Reiterhosen sind längst nicht mehr nur ein gesundheitliches, sondern inzwischen auch schon ein gesellschaftliches Problem. Dicke Menschen werden aufgrund ihrer Leibesfülle gedemütigt, gehänselt und angeklagt. Dabei geraten leider zwei wesentliche Fakten immer wieder in Vergessenheit. Erstens: Gäbe es wirklich einen zuverlässigen, gesundheitlich unbedenklichen und unkomplizierten Weg, überschüssiges Körperfett dauerhaft los zu werden, dann hätten wir heute gar keine Adipositas-Epidemie zu konstatieren. Dann wären wir nämlich alle miteinander schlank, oder könnten es zumindest mit wohl begründeter Zuversicht bald sein. Und zweitens: Die Ursachen von Übergewicht liegen durchaus eher selten auf allzu üppig vollgeladenen Tellern. Tatsächlich ist es sogar so, dass bei sehr vielen stabilen Staturen im Hintergrund nicht der Magen, sondern die Seele an den dicken Fäden zieht. Dabei kann die Bandbreite der psychischen Wirkgrößen von den Auswirkungen chronischen Suchtverhaltens über psychische Störungen als solche bis hin zu den gewichtigen Nebenwirkungen von Psychopharmaka reichen.
Süchte, die zu Speck werden können
Wer gerne mal einen hebt, und das in exzessiver Weise, der wird in aller Regel bald am eigenen Leibe zu spüren bekommen, dass Alkohol dick macht. Das hat drei nachgewiesene Gründe:
- Mit seiner hohen Energiedichte hat Alkohol enorm viele Kalorien, die dem Körper in kürzester Zeit „aufgezwungen“ werden können.
- Passionierte Biertrinker bekommen, zusätzlich zum stattlichen Nährwert, über den Hopfen auch noch jede Menge Pflanzenöstrogene ins System. Und die machen dick.
- Steigt der Blutalkoholspiegel, dann fallen gleichzeitig die Hemmschwellen. Und dann wird alles gnadenlos gefuttert, worauf der fröhliche Zecher gerade Appetit hat.
Nun gilt es, die Frage zu klären, warum ein Mensch eigentlich (zu viel) Alkohol trinkt. Denn der wohlbeleibte Trunkenbold hat ganz offensichtlich keine Essstörung, sondern ein Alkoholproblem. Und Alkoholprobleme sind Sache der Seele. Vielleicht ist der Betroffene depressiv? Vielleicht versucht er, auf der Schaumkrone im Bierglas seinem erdrückenden Alltagsstress davon zu surfen? Vielleicht bemüht er sich, seine Einsamkeit im Cognacschwenker zu ersäufen? Wer einem dicken Trinker wirklich helfen will, der sollte ihm keine Diät aufzwingen, sondern ihn zum Psychologen schicken.
Der Speckgürtel als Schutzschicht
Ist man zu dick, hat man ein offensichtliches Problem. Und dann ist es sehr leicht, alle Befindlichkeitsstörungen und Missstimmungen auf den Bauch abzuwälzen. Das ist für den Betroffenen dann besonders praktisch, wenn er eigentlich mal in seinem Seelenleben statt in seiner Speisekammer aufräumen sollte. So spenden die Pölsterchen einen massiven primären und sekundären Krankheitsgewinn. Kein schlechtes Geschäft für den Dicken.
Zu den schweren Nebenwirkungen …
Viele Psychopharmaka bringen seelische Erleichterung, aber leider auch gleichzeitig mehr Speck auf die Rippen. Insbesondere Antidepressiva und Tranquilizer schlagen in der steigenden Gewichtsbilanz kräftig zu Buche. Das kommt daher, weil diese psychotropen Substanzen vom Rezeptblock des Psychiaters zum einen den Stoffwechsel beeinträchtigen, und zum anderen den Appetit beeinflussen. Die Patienten essen mehr, verbrauchen aber weniger – mit letztlich deutlich sichtbaren körperlichen Zuwächsen.
Selbstverständlich gibt es Menschen, die einfach nur deshalb zu schwer sind, weil sie zu viel essen. Doch es gibt nachweislich auch jene, die ihre Pölsterchen aus rein psychischen Gründen mit sich herumschleppen. Dann sind die Pfunde diagnostizierbare Symptome einer psychischen Erkrankung – nicht aber die Krankheit selbst.
Weiterführender Link zum Thema:
Bei Übergewicht nach psychischen Ursachen forschen
http://www.n-tv.de/ticker/Gesundheit/Bei-Uebergewicht-nach-psychischen-Ursachen-forschen-article4120816.html
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