Die deutschen Standesämter rüsten sich bereits für einen Massenansturm am 12.12.2012. Kein Wunder – dieses Hochzeitsdatum sollte sich sogar in das trägste Männerhirn problemlos eingravieren lassen. Doch wenn es nach den Maya geht, dann ist diesen Ehen keine lange Dauer beschieden. Denn laut Maya-Kalender ist am 21.12.2012 Schicht im Schacht und Ende im Gelände. Oder etwas prosaischer formuliert: Im kommenden Jahr werden drei Tage vor Heiligabend auf unserem Planeten sämtliche Lichter ausgehen. Das glauben zumindest die meisten New-Age-Sympathisanten, bei denen der Maya-Kalender einen Glaubensbonus genießt. Über so viel Vertrauen in eine längst versunkene Kultur können viele Menschen nur gütig lächeln. Den 200 Bewohnern des südfranzösischen Dörfchens Bugarach ist der spirituelle Humor allerdings inzwischen restlos vergangen. Denn weil die Maya auf einem dort beheimateten Berggipfel einen UFO-Hauptbahnhof postulieren, der am Ende aller Tage zu einer Art Alien-Luftbrücke für auswanderungswillige Erdenbürger mutieren würde, finden die Einheimischen keine Ruhe mehr. Doch was bringt die Menschen in Bugarach so aus dem Tritt? Und wie kann man der Hysterie um den bevorstehenden Weltuntergang vielleicht doch noch etwas Sinnvolles abgewinnen?
Der 21.12.2012 ist zwar noch ein paar Tage hin, aber auch in Esoterikerkreisen gilt die Parole: Der frühe Vogel fängt den Wurm. Und so erleben sich die Bürger von Bugarach im Süden Frankreichs schon jetzt von einer Gefahr heimgesucht, gegen die der prophezeite Weltuntergang wahrscheinlich die einzig wirksame Medizin wäre. Denn weil Bugarach als der einzige Ort gehandelt wird, an dem man am Tage X dem Ende aller Weltlichkeit entrinnen kann, stürmen schon jetzt Heerscharen von Weltuntergangsfanatikern das ansonsten eher friedlich schläfrige gallische Dorf im Departement Aude. Da sehen sich staunende Einheimische mit entrückt Betenden im Adams- und Evakostüm konfrontiert. Oder mit vorgealterten Pseudo-Hippies, die sich in der präzisen Ausführung mystischer Mudras üben. Der Erweckungspriester-Rummel am Fuße des Pic de Bugarach kennt kaum Grenzen. Und bis die UFOs tatsächlich rettend nahen, müssen die Menschen an der letzen Ausfahrt in Richtung Erlösung mit einem 25fachen Fahrzeugaufkommen und mit opportunistischen merkantilen Strebungen zu Recht kommen. Kurzum: Der Rummel um den Räumungsverkauf des blauen Planeten kostet die Opfer der Maya-Propheten schon heute den allerletzten Nerv.
Hat es nicht schon immer Weltuntergangsvorhersagen gegeben?
Doch, natürlich. Aber die Nummer mit dem ablaufenden Maya-Kalender macht deutlich mehr Fans mobil, als es der derzeitigen spirituellen Balance gut tut. Da hat inzwischen sogar schon die französische Kommission zur Überwachung der Sekten (Miviludes) aufgeregt Alarm geschlagen. Denn obwohl all diese potenziellen Anhalter durch die Galaxis in aller Regel friedliebende Eso-Anhänger sind, kann doch nicht ausgeschlossen werden, dass es in den Reihen der Maya-Gläubigen im Angesicht des bevorstehenden Weltuntergangs zu spontanen Massenselbstmorden kommen könnte. Und darauf haben die Bürger aus Bugarach echt keine Lust. Bis auf den Bugaracher Bürgermeister Jean-Pierre Delord. Der betreibt nämlich im Nebenberuf einen kleinen Souvenirladen, wo er eigenhändig photogeshopte Postkarten mit über dem Gipfel des Pic de Bugarach kreisenden UFOs an den Mann und die Frau bringt. Mit diesem visuellen Vorgeschmack auf den außerirdischen Rettungseinsatz verdient er, nach eigenen Angaben, gar nicht schlecht.
Weiterführende Links zum Thema:
Das Dorf der letzten Hoffnung
http://www.tagesanzeiger.ch/panorama/vermischtes/Das-Dorf-der-letzten-Hoffnung/story/24411347
Miviludes – Mission Interministérielle de Vigilance et de lutte contre les dérives Sectaires
http://www.miviludes.gouv.fr
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