Hätte die Suppe eine Persönlichkeit, so müsste sie depressiv werden angesichts der geringen Wertschätzung, die ihr oft entgegengebracht wird. Suppen sind Vorspeisen, Reste-Essen, schnelle Sattmacher, Zwischenmahlzeiten, machen kostengünstig viele Esser satt und brauchen weder viele Kochtöpfe noch Serviergeschirr.
Aber mit der Suppe sammelte der Mensch seine ersten Kocherfahrungen, sie ließ ihn Hungersnöte überstehen und regte seine Phantasie zu immer neuen Kreationen an. In allen Kulturen und Völkern gehören Suppen zur Speisetradition hinzu. Es wird Zeit, ihr den Platz einzuräumen, der ihr gebührt: Den als Mutter aller Kochkünste!
Suppe als Grundlage und Start in den Tag
Sobald die Steinzeit-Menschheit die Kunst des Feuermachens erlernt hatte, nahm die Suppengeschichte ihren Anfang: Glühende Steine wurden aus dem Feuer geangelt und in ausgehöhlte Gefäße oder andere Behälter mit Wasser, Kräuter, Wurzelwerk und anderem Essbaren geworfen.
Im Laufe der Jahrhunderte gewannen Getreide wie Weizen, Hirse, Hafer an Bedeutung und sättigende Mahlzeiten entstanden. Lange waren Getreidesuppen ein typisches Frühstück in jeder Gesellschaftsschicht. Noch heute zeugen Hafergrütze und Porridge davon.
Was lange währt, wird gut
Als in Hütten und in den Küchen von Klöstern und Burgen noch rund um die Uhr das Feuer im Herd brannte, stand immer ein Kessel darauf. Es war die große Zeit des Pot au feu, der wandelbaren Suppe, die ununterbrochen vor sich hin siedete.
Laufend wurde sie mit dem aufgefüllt, was gerade an Gemüse, Getreide oder selten auch einmal Fleisch zur Verfügung stand. Und seien wir doch einmal ehrlich: Auch heute noch ist es ein Merkmal einer guten Suppe, dass sie langsam und ausdauernd gegart wird.
Exquisit und angesehen
Die großen Gelage an den spanischen Höfen und bei den herrschaftlichen Empfängen der Habsburger und Bourbonen gaben der Suppe Gelegenheit, adelig zu werden. In der „Olla“ wurde alles an Lamm, Rind, Geflügel und Gemüse in großen Mengen gegart und dann opulent auf den Tischen serviert.
Die Brühe wurde separat serviert: Voilà, die Bouillon war geboren und blieb uns auch erhalten, als die Schlachtplatten verschwanden. Silberne Suppenterrinen und kostbare Teller, die heute in verschlossenen Vitrinen präsentiert werden, belegen, dass Suppe damals beileibe kein Arme-Leute-Essen war.
Der Absturz in Verächtlichkeit
Das wurde es erst Anfang des 19. Jahrhunderts, nachdem Benjamin Thompson, seines Zeichens Graf von Rumford, die Hungersnot in Bayern wirkungsvoll mit Feld- und Armenküchen bekämpfte, in denen Graupensuppen und ähnliche sättigende Gerichte massenweise zubereitet wurden. Der Makel der Armut und sozialer unterster Schublade haftete danach allen Suppen an und lange Zeit war mit ihnen kein Renommee zu machen.
Comeback der Extraklasse
Erst in den letzten Jahrzehnten konnte die Suppe ihr Image wieder aufbessern. Über den Umweg der Fremdartigkeit und als Mitbringsel aus Reisen ins Ausland lernten die Deutschen zunächst Minestrone, Borschtsch, Vichyssoise und Bihunsuppe kennen und allmählich auch wieder die ureigenen eigenen Eintöpfe lieben.
Eine Linsensuppe ziert heute die Speisekarte so manches Sternerestaurants und viele Hobbyköche freuen sich auf den Herbst und die Gelegenheit, eine neue Kürbissuppe aus der Taufe zu heben!
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